Uncertain Logic

Autor: Christopher L. Bennett
Erscheinungsjahr: 2015
Seitenzahl: 350
Band: 6.3

Zeitraum: 1/-6/2165

 

Inhalt

 

Es dauerte eine Weile, bis Christopher L. Bennett seinen dritten Roman der Rise of the Federation-Reihe vorlegte, dem seit einigen Jahren laufenden Enterpreise-Sequel. Nun ist es soweit. Und wieder einmal ist es ein Zweiklang aus äußeren und inneren Bedrohungen, denen sich die blutsjunge Planetenallianz und ihre Protagonisten ausgesetzt sehen. Drehte sich beim letzten Mal alles um die Aufnahme der Rigelianer in die Föderation, springen wir erneut ein Jahr weiter – in die frühen Monate des Jahres 2165 – und schauen den Crews der Raumschiffe Endeavour, Pioneer und Essex über die Schulter. In Uncertain Logic erleben wir sowohl Abenteuer im unerforschten All als auch im Herzen der Föderation.

 

Anders als in den bisherigen Bänden der Reihe hängen die unterschiedlichen Handlungsbögen diesmal jedoch nicht zusammen und fließen auch zu einem späten Zeitpunkt nicht ineinander. Nehmen wir uns also kurz und bündig die drei Geschichten in der Geschichte vor.

 

Auf Vulkan drohen die Errungenschaften der syrannitischen ‚Revolution‘ ins Wanken zu geraten, als die Echtheit des vor über zehn Jahren von Captain Archer, T’Pol und der aktuellen Regierungschefin T’Pau gefundene Kir’Shara in Zweifel gezogen wird. Wir erinnern uns: Der Fund und die Veröffentlichung von Suraks Schriftenkorpus war für die pazifistisch orientierte Syranniten-Bewegung der Hebel, um die getarnte Militärdiktatur des vulkanischen Oberkommandos und vor allem von Administrator V’Las zu stürzen und ein neues innen- wie außenpolitisches Kapitel für Vulkan aufzuschlagen (wobei wir im Seriendreiteiler nie so richtig erfuhren, wie in so kurzer Zeit der politische Wechsel vonstatten gehen konnte).

 

Nun plötzlich ist festgestellt worden, dass es sich beim jahrtausendealten vulkanischen Artefakt offenbar um eine Fälschung handelt. Kaum hat sich die Nachricht verbreitet, wittern reaktionäre und konservative Kreise auf Vulkan – die alten Lakaien von V’Las – Oberwasser. Dies jedoch könnte die ganze Föderation destabilisieren und sogar Vulkans Austritt zur Folge haben. In dieser aufgeheizten Situation bricht Admiral Archer mit der Endeavour nach Vulkan auf, um herauszufinden, ob die Vorwürfe im Hinblick auf das Kir’Shara tatsächlich wahr sind. Es gilt, zu beweisen, dass der Fund des Kir’Shara vor einer Dekade nicht in Wahrheit eine List der Syranniten war, um an die Macht zu kommen.


Währenddessen dringt die Pioneer unter dem Kommando von Captain Reed in ein stellares Gebiet ein, das wegen des Kriegs gegen die Romulaner lange Zeit eine Sperrzone war. Es stellt sich heraus, dass hier zwar keine romulanischen Minenfelder lauern, dafür jedoch eine feindselig gesonnene künstliche Intelligenz – es wimmelt nur so vor vollautomatischen Reparaturstationen von genau jener Bauart, der die Crew der Enterprise in ihrem zweiten Missionsjahr begegnet ist. Dabei entpuppte sich, dass die Computerintelligenz, die hinter der Station steht, nicht nur nach dem Prinzip Leistung und Gegenleistung Schiffe repariert, sondern sogar Crewmitglieder entführt und deren Tod vortäuscht, um ihre neuralen Bahnen zur Erweiterung der eigenen Prozessorleistung zu missbrauchen.

 

Nach einer unschönen neuerlichen Begegnung mit dem alten Widersacher aus Staffel zwei sind Reed und Travis Mayweather Feuer und Flamme, den Reparaturstationen, die sich sogar mit unbemannten und schwer bewaffneten Drohnen schützen, den Garaus zu machen - zumal diese, wie sich herausstellt, ganze Völker leiden lassen. Sie organisieren Unterstützung und kehren mit einer kleinen andorianischen Flotte in das Raumgebiet zurück. Reed bittet auch seinen alten Freund Trip Tucker um Hilfe, der sich kurz darauf Travis als lebender Toter offenbart.


Indes ist die Essex unter Befehl von Captain Bryce Shumar weiter auf Erstkontaktmission und hält die Fackel der neue Welten und Zivilisationen suchenden Sternenflotte hoch. Der Planet Sauria, der das Schiff noch in den letzten Büchern beschäftigte, spielt nun keine Rolle mehr. Diesmal erfolgt ein Besuch beim Volk der kahlköpfigen, sinnlich orientierten Deltaner, bekannt über Lieutenant Ilia aus dem ersten Star Trek-Film. Doch schnell zeigt sich, dass Diplomatie ein Geschäft ist, das gelernt sein will. Das für die Menschen ungewohnte sexuelle Selbstverständnis der Deltaner erzeugt in Kombination mit ihren aggressiven Pheromonen rasch einen Zwischenfall, der die Beziehungen zwischen der Föderation und dieser neuen Welt auf längere Zeit belasten könnte. Und prompt steht das Syndikat der (ebenfalls pheromonlastigen) Orioner bereit, die glauben, dieses Volk unterwerfen zu können...

 

 

Kritik

 

Der Enterprise-Relaunch aus der Feder des Autorentandems Mangels und Martin hat insgesamt keine gute Figur gemacht, und auch der Auftakt von Rise of the Federation entrang mir ehrlich gesagt nur eher verhaltene Begeisterung. Allerdings machte gerade der letzte Band, Tower of Babel, einen veritablen Sprung nach vorn. Zum ersten Mal verlieh Bennett der Geschichte rund um die kürzlich entstandene und im Findungsprozess begriffene Föderation eine beachtenswerte Tiefe, kombiniert mit dem von ihm so beherrschten World-Building. Man meinte bereits, der Knoten sei endlich geplatzt. Bennett bediente die Klaviatur der neuen Serie mit einem wirklich gelungenen Buch.

 

Doch Uncertain Logic ist für mich ein Rückschlag. Wenn ich dieses Buch lese, dann fällt mir vor allem eines ein: Fast Food. Keine neuen Ideen. Es ist eigentlich ein brühwarmes Wiederaufkochen des längst schon Gehabten, was wir hier vorgesetzt bekommen. Das gilt für alle drei Handlungsbögen, die umso uninteressanter sind, da sie vom Anfang bis zum Schluss komplett parallel ablaufen und damit keine ganzheitliche Geschichte bilden. (Dieses Arrangement gab es auch schon in vorangegangenen Büchern, doch auf Dauer wird es ermüdend.)

 

Am offensichtlichsten abgekupfert ist die Vulkan-Handlung, in der zwar viel salbungsvoll geredet, erklärt, eingeordnet und dadurch Seiten gefüllt werden. Doch im Kern ist dieser Plot eine Wiederholung des Dreiteilers aus der vierten Staffel, nur diesmal unter leicht veränderten Vorzeichen. Diesmal gilt es, die Syranniten an der Macht zu halten. Was die Geschichte rettet, sind die vielen Einblicke in die Mentalität der Vulkanier, die Auswirkungen der politphilosophischen Revolution vor zehn Jahren (was in der vierten Staffel und im Enterprise-Relaunch viel zu kurz kam!) und das wie immer sehr gelungene World Building. Letzteres lebt natürlich davon, dass zu Vulkan zahlreiche Informationsfetzen aus dem Canon-Bestand existieren, die nun gekonnt miteinander verwoben und weitergesponnen werden können.

 

Die Pioneer-Story ist zwar keine nackte Wiederholung einer Idee, dafür aber deren konsequente und ziemlich schmucklose Fortsetzung. Es erscheint vollkommen willkürlich, dass diese Todesstationen ausgerechnet jetzt 'zurückkehren'. Persönlich weiß ich nicht, warum nun schon wieder ein Bösewicht der Woche auf den Plan muss. Ich jedenfalls hätte auf diese schon in der entsprechenden TV-Episode nicht besonders beeindruckenden Computerintelligenzen getrost verzichten können. Stattdessen hätte sich Bennett Gedanken machen können, wie er die Pioneer an die Vulkan-Handlung anschließen und dem Ganzen einen gewissen Mehrwert geben kann. So aber erleben wir wieder die üblichen Auseinandersetzungen mit ‚ein paar bösen Jungs‘, mögen sie diesmal auch synthetisch sein. Immerhin: Ein netter Einfall war es, Trip wieder an ein paar seiner alten Freunde heranzurücken und ihn an Bord zu holen, um nach den Erschaffern der Intelligenzen Ausschau zu halten.

 

Allerdings gelingt es Bennett aufgrund des Korsetts, das noch Mangels und Martin ihm wie einen Fluch auferlegten, einfach nicht, Trip wieder zu einem vollwertigen Teil der ‚Familie‘ zu machen. Er bleibt in den Schatten, muss da bleiben und spielt lediglich eine untergeordnete Rolle. Tatsächlich ist Trip, der zu Serienzeiten einst eine der zentralen Figuren war, in Rise of the Federation bestenfalls noch als wiederkehrende Gastrolle zu betrachten, und auch sein Identifikationswert hat schwer gelitten. Diesen Eindruck untermauert das missglückte Wiedersehen mit Travis, das Bennett nicht besonders glaubwürdig, aber eben auch unter schlechten Vorbedingungen in Szene setzt.

 

Was die Essex-Handlung angeht, so habe ich diese ohnehin immer nur als Dreingabe empfunden. Da es außer der TNG-Episode Ungebetene Gäste keine nennenswerten Hinweise auf Sternenflotten-Schiffe aus der frühen Föderationsära gibt, war klar, dass Bennett Captain Shumar und die Essex aufgreifen würde, vorzugsweise für diplomatische Missionen. Bislang hat mich der Plot, wie er sich entwickelte, bestenfalls halb überzeugt. Natürlich ist es nett, zu erfahren, wie der Erstkontakt mit wichtigen TOS-Völkern wie den Saurianern zustande kommt, letztlich wirkt das Ganze jedoch so, als hätte es vorab schon festgestanden und daher etwas gezwungen. Ebenso erzwungen wirkt im vorliegenden Buch der kleine Eklat, der sich auf Delta IV ereignet. Hinzu kommt, dass ich Captain Shumars Reaktion nicht unbedingt taktvoll finde, und so ist er möglicherweise nicht der Richtige, um diplomatisch sensible Erstkontakte herzustellen. Man sollte zumal meinen, dass die Menschen nun schon seit ein paar Jährchen zwischen den Sternen herumgekommen sind, um nicht bei erstbester Gelegenheit einen Streit vom Zaun zu brechen.

 

 

Fazit

 

Unter dem Strich überzeugt mich leider keine der Geschichten von Uncertain Logic, wobei ich bereits bemängelt habe, dass zusätzliches Potenzial durch die strikte Parallelität der einzelnen Handlungsstränge verloren geht. Sicherlich ist der vulkanische Bogen durch die Erklärdichte im Hinblick auf die vulkanische Kultur noch der interessanteste, aber auch der, bei dem die Analogien am stärksten auffallen. Der Einbau der Reparaturstation-Intelligenzen ist für mich einfach völlig ohne Grund und erscheint mir im Buch wie ein Fremdkörper. Dagegen ist die Essex-Handlung zwar grundsätzlich legitim und geht in die Richtung, die ich mir für die frühe Föderationszeit vorstelle, insgesamt wurde mir jedoch aus dem Kontakt mit den Deltanern zu wenig gemacht. Uncertain Logic ist allerhöchstens Mittelmaß. Für das bereits dritte Buch der Reihe und auch für Bennett ist das zu wenig.   

 

5/10 Punkten.

5-2015