Sight Unseen

Autor: James Swallow
Erscheinungsjahr: 2015
Seitenzahl: 400
Band: 12

Zeitraum: 2/-3/2386

 

Inhalt

 

Einige Monate nach den umwälzenden Geschehnissen aus der Reihe The Fall und Takedown wird Flotten-Admiral William Riker die Titan als dauerhaftes Flaggschiff zugewiesen; Commander Vale erhält die Beförderung zur Kommandantin. Die erste Mission unter diesen neuen Bedingungen führt in den Raum der Dinac, in dem das Sternenflotten-Schiff Whitetree verschollen ist. Dort findet man einen Dinac-Raumer vor, von dessen Besatzung allerdings jede Spur fehlt. Tetryonen könnten auf eine unbekannte Verbindung zum Subraum schließen lassen.

 

Kurze Zeit später ereilt die Titan das gleiche Schicksal wie das Dinac-Schiff, als sich ein Subraumspalt öffnet und Besatzungsmitglieder verschwinden. Admiral Riker erinnert sich an albtraumhafte Ereignisse aus seiner Vergangenheit, als mehrere Crewmitglieder der Enterprise (er selbst eingeschlossen) an einen entlegenen Ort im Subraum entführt und dort Experimente an ihnen durchgeführt wurden (TNG-Episode In den Subraum entführt). Offenbar planen dieselben seltsamen Subraumwesen nun eine Invasion und scheinen durch nichts aufzuhalten zu sein...

 

 

Kritik

 

Sight Unseen beginnt im Vergleich zu den sich anschließenden Geschehnissen ruhig und mit einer Vielzahl von Charakterszenen. Sie unterstreichen prinzipiell gut, wie viele spannende Charaktere Titan zu bieten hat: Die kuriose Beziehung zwischen der eigenwilligen Melora Pazlar und dem ebenso eigenwilligen Chefingenieur Xin Ra-Havreii, der kybernetische Torvig, der Freundschaft mit der inzwischen immateriellen Künstlichen Intelligenz ZweitGen Weiß-Blau schließt, und der sehr zugeknöpfte Neuzugang Commander Sarai mit recht bewegter Vergangenheit. Verglichen mit anderen Relaunch-Reihen steht bei Titan Diversität seit jeher als ein Markenzeichen im Vordergrund. In diesem Roman bleiben die Charaktere dank der straffen Handlung jedoch leider zum großen Teil Schauwerte.

 

Ironischerweise muss hier nach dem Bajoraner Jaza Najem (damals eine interessante Figur, die leider zu schnell abtrat) in Sword of Damocles mit dem Cardassianer Zurin Dakal ein weiterer spannender Charakter sein Leben für das Überleben seiner Kollegen und Freunde lassen. Erneut eine bedauernswerte Entscheidung, da beide Charaktere viel Potential für interessante Geschichten mitbrachten. Dakal stand für das neue Cardassia, das seinen Nachbarn mit Neugier und Offenheit begegnete.

 

Swallow greift die mystery- und vor allem horrorlastigen Ereignisse der entsprechenden TNG-Episode auf, in der Riker und andere Enterprise-Besatzungsmitglieder von seltsamen Subraumwesen entführt und für bizarre Experimente missbraucht wurden. In diesem Roman löst er die bisher unbekannten Motive der Solanae, wie sie von Wissenschaftlern genannt werden, auf unerwartete Weise auf. Zunächst schließt das Buch gekonnt an die knisternde Stimmung aus besagter TNG-Episode an. Mit dem havarierten und altertümlich wirkenden Dinac-Kutter schafft er einen passenden Einstieg mit einem ungewöhnlichen Handlungsort. Spätestens als die zwielichtigen Solanae sich auch auf der Titan zu schaffen machen und das Schiff empfindlich beschädigen, dreht die Story in Richtung Action, und es geht ums nackte Überleben.

 

Leider steigert Swallow die Einsätze unnötigerweise so weit, dass es um das Überleben aller Welten geht (wieder einmal diese ermüdende Gigantomanie). Ein Subraumvolk, das in ein für sie fremdes Universum vordringen will, soll sich selbst körperlich transformieren, schreckliche Waffen konstruieren und die Föderation in ihrer Existenz bedrohen? Die Erfolgsaussichten für diese Ziele können doch nur hundserbärmlich sein. Überhaupt erscheint es zu einfach gedacht, dass die Solanae sofort eine All-out-Invasion starten wollen. Ihnen geht es ja selbst nur ums Überleben – warum sollten sie ihre ganze Energie gerade darauf verwenden? Auch die anschließende Rettungsmission der Titan, um die eigenen entführten Besatzungsmitglieder und die der Whitetree und des Dinac-Schiffs aus dem Subraum zu bergen, wirkt mehr wie Fantasy als Science Fiction.

 

Erfrischend erzählt wird der Konflikt zwischen Admiral Riker und der zur Captain beförderten Vale, weil sie erkennen, dass sie erst noch in ihre neuen Rollen finden müssen. Vale fordert dabei angenehm direkt von Riker ein, das Kommando wirklich abzugeben und sie als Captain nicht zu übergehen. Dass Riker auf der anderen Seite unter starkem Stress steht und nur zu gerne schnell handeln möchte, macht es ihm nicht leicht, Vale zu folgen. Die Situation wird gut nachvollziehbar dargestellt: Er hat mit seinen eigenen traumatischen Erinnerungen zu kämpfen, und später werden auch noch seine Frau Deanna und seine vierjährige Tochter Natasha entführt.

 

Dass man am Ende wenigstens den Bevölkerungsteil der Solanae retten kann, der Fremden aufgeschlossen gegenübersteht, steht in bester Star Trek-Tradition. Swallow legt ein unter dem Strich solides, wenn auch nicht überragendes Buch vor, dass einige schwere Tücken und Logiklöcher hat. Dennoch macht es Freude, dieses späte Abenteuer der Titan-Recken zu verfolgen.

 

 

Fazit

 

Deutlich spürt man, dass die Titan-Reise zu Ende geht. Trotzdem ist es schön, dass die lieb gewonnenen Figuren in neuer Konstellation zu einem weiteren Abenteuer zusammenfinden, das - trotz einiger Unglaubwürdigkeiten und eines unnötigen Cast-Opfers - schöne Reminiszenzen an eine unvergessliche TNG-Episode bietet.

 

6/10 Punkten.

9-2020