Hearts and Minds

Autor: Dayton Ward
Erscheinungsjahr: 2017
Seitenzahl: 400
Band: 25

Zeitraum: 10/-11/2386

 

Inhalt

 

Die Enterprise stößt weiter in den Odysseischen Pass vor, den zu erforschen sie angesetzt wurde. Dabei erreicht sie eine bewohnte Welt, auf dem erhebliche nukleare Zerstörungen vorherrschen. Die Bewohner bezeichnen sich als Eizand, und offenbar hatten sie vor geraumer Zeit bereits Kontakt mit der Erde. Was genau die Hintergründe hierzu sind, erschließt sich Captain Picard nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass das Oberkommando der Raumflotte offenbar mehr weiß, jedoch keine Informationen herausgibt. Ja, ein regelrechter Mantel des Schweigens scheint um besagten Planeten ausgebreitet worden zu sein.

 

Picard wird nach einigem Nachbohren von Admiral Akaar andeutungsweise in Kenntnis gesetzt, dass es bereits ein Jahrhunderte altes Geheimnis um diesen Planeten gibt. Dass Akaar sich des Ingenieurs Taurik bedient, um seine Interessen, notfalls auch gegen Picard, durchzusetzen, verschärft die Spannungen zwischen Picard und seinem Flotten-Admiral.

 

Letzten Endes führt der vermeintliche Erstkontakt dazu, dass sich Picard und sein ‚Begrüßungsteam‘ auf dem Planeten alsbald als Gefangene wiederfinden, denen der Prozess gemacht werden soll – angeblich für etwas, das vor dreihundert Jahren zur Katastrophe geführt hat.

 

Flashback: In der Vergangenheit, genauer gesagt im 21. Jahrhundert, stürzt ein Raumschiff der Eizand auf der Erde ab. Damit wird es zum Auslöser der Eskalation eines bis dahin lange schwelenden Konflikts zwischen der Geheimorganisation Majestic 12 und den Agenten von Aegis. Wer auch immer gewinnt, wird die Zukunft der Menschheit maßgeblich beeinflussen…

 

 

Kritik

 

Dayton Wards Hearts and Minds baut auf zwei TOS-Romanen auf, die er selbst verfasst hat. Elusive Salvation und From History’s Shadow beschreiben die Geschichte des Konflikts zwischen diesen beiden Parteien (Majestic 12 und Aegis), wobei dabei unter anderem auch Gary Seven auftaucht, der aus der TOS-Folge Ein Planet, genannt Erde her bekannt ist. Diese hintergründige Gemengelage, auf dem alles aufsetzt, macht den Zugang schon einmal komplizierter.

 

Die Handlung des Buches ist zweigeteilt. Einerseits hat man die Ereignisse aus der Gegenwart im Jahr 2386. Die wird in klassischer Star Trek-Manier erzählt, denn auf dem Planeten der Eizand gibt es schwere, kulturbeeinflussende atomare Verwüstungen, an denen die Menschen angeblich schuld sind. Dafür soll Picard nun der Prozess gemacht werden. Da stellt sich doch gleich die Frage: Soll Picard sich diesem Prozess fügen und sich ggf. verurteilen lassen, oder soll er fliehen? Und was, wenn die Menschen tatsächlich etwas mit der Misere zu tun haben? Picard ist natürlich neugierig, die Wahrheit herauszufinden.

 

Andererseits haben wir den Plot aus dem frühen 21. Jahrhundert. In den frühen 2030ern stürzt ein Raumschiff der Eizand auf der Erde ab, und die Geheimorganisation Majestic-12 kann eines überlebenden Aliens habhaft werden, was folgenschwere Konsequenzen hat. Aus der Perspektive des Vulkaniers Menstral darf man verfolgen, wie Majestic 12 und Aegis aneinandergeraten und am Ende die Vertreter der letzteren Macht untertauchen müssen, da die Unterstützung ihrer ominösen Führer komplett eingestellt wurde. Die abweichenden politischen Ansichten beider Fraktionen werden dabei anschaulich beschrieben.

 

Majestic 12 erscheint als paranoide Regierungsorganisation, deren einziges Ziel es ist, die Erde vor außerirdischen Kräften zu schützen (ein wenig muss man doch an Akte X oder Men in Black denken). Sie verfügt über weitaus bessere Technik als die NASA, weil sie abgestürzte außerirdische Raumschiffe untersucht hat. Trotz ihrer moralisch fragwürdigen Handlungsweise wird Majestic 12 durch Charaktere wie Gerald Markham einigermaßen authentisch repräsentiert. Die Vertreter von Aegis sind dabei zahlenmäßig unterlegen. Bei den Aegis bleiben viele Fragen offen, da nie klar ist, wer ihnen eigentlich vorsteht.

 

Die Geschichte auf der Erde ist unter dem Strich ein merkwürdiger Politthriller und glorifiziert ziemlich klar ersichtlich die US-Amerikaner, die - wie immer - tun und lassen können, was sie wollen. Der Autor stellt implizit in Aussicht, dass Mord, Sabotage, Terrorismus und Massenmord durch die USA okay ist, solange es dienlich ist. Dieser Subtext der Handlung tut dem übergeordneten ST-Spirit nicht gut.

 

Zum Ende des Romans erfährt der Leser, wie es zu der eingangs beschriebenen Katastrophe gekommen ist und wer wirklich die Verantwortung dafür trägt. Picard wurde der Prozess gemacht, weil ihm vorgeworfen wurde, dass vor dreihundert Jahren drei Amerikaner mit Atombomben den Planeten verwüstet hätten. Letztlich wird er von einer Gruppe Rebellen befreit, die buchstäblich aus dem Nichts kommen. Diese Rebellen wollen – aus welchen Gründen auch immer – nicht glauben, dass die Menschen den nuklearen Holocaust herbeigeführt haben. Es wäre besser gewesen, wenn der Autor etwas mehr Zeit darauf verwendet hätte, sie ausführlicher zu charakterisieren. Picard erhält in der Folge Zugriff auf einen dreihundert Jahre alten Computer der Astronauten (das nenne ich mal langlebig!, nein im Ernst?!). Und siehe da: Die Menschen haben den Krieg nicht herbeigeführt. Gerade noch mal Glück gehabt, aber auch unglaublich vorhersehbar.

 

Diese platte Eröffnung ist aber noch nicht einmal mein Hauptproblem. Am meisten habe ich mich daran gestört, wie schnell und unproblematisch die Regierung von Eizand sich aufgrund des vorliegenden Beweismaterials (es könnte doch auch manipuliert sein) umstimmen lässt, wo sie vorhin noch ganz verbissen und überzeugt von ihren Anschuldigungen war. Doch nein, alles löst sich in Wohlgefallen auf.

 

Man merkt Ward sogleich an, dass ihn der Flashback-Plot viel mehr interessiert und die TNG-Gegenwartshandlung eigentlich hineingezwungen ist. Die Geschichte hätte auch als reiner Abstecher in die Vergangenheit funktioniert. Doch ob sie dann wirklich besser geworden wäre, weiß ich nicht. Nämlich hat Ward, der sich eigentlich rühmt, den Canon wie eine heilige Kuh zu beachten, hier eine Reihe böser Schnitzer verursacht. Dass es inoffiziell bereits Kontakte mit anderen Aliens gegeben hat, bevor Cochrane den Ersten Kontakt herbeiführte – geschenkt. Schon in DS9 (Kleine, grüne Männchen) und ENT (Carbon Creek) gab es Folgen, die diesbezüglich die Faktenlage erweitert haben. Aber bitterböse und im Widerspruch zu den kanonischen Informationen ist das von ihm präsentierte Setting der Vergangenheit.

 

Man stelle sich vor: Dies ist die Zeit, in der der Dritte Weltkrieg unlängst tobt. Doch während sich die Menschen auf der Erde also seit sechs Jahren gegenseitig Bomben der übelsten Sorte um die Ohren hauen müssten, wird in aller Seelenruhe die Erkundung des Mars betrieben, in aller Seelenruhe darüber nachgedacht, wie man den Weltraum erforschen könnte. Bei Ward kriegt man vom Weltkrieg eigentlich nicht viel mit, nein, dies hier ist er eine Geheimagenten-Story.

 

Dann deutet Picard 2386 obendrein noch an, dass 320 Jahre früher, also 2066, die Menschheit vor einem Krieg gestanden hätte, aber genau dieser Krieg war zu dieser Zeit bereits beendet. Hat da jemand vielleicht nicht richtig aufgepasst? Diese grundsätzliche Unschärfe und Ungereimtheit der Flashback-Handlung ist deshalb so irritierend, weil Ward nicht müde wird, alle möglichen geschichtlichen Schnipsel aus sämtlichen Serien einzustreuen. Aber am Ende bleibt eben nur Name-Dropping und keine Substanz für das ganze Szenario übrig.

 

Auch charaktermäßig ist das Buch alles andere als ein Glanzstück. Picard agiert durch die Bank out of character. Als klar wird, dass die Sternenflotte ihm – wieder einmal – keinen reinen Wein einschenkt und Informationen vorenthält, spielt er die beleidigte Leberwurst und zeigt sich persönlich schwer gekränkt. Auch Picards Zorn auf Taurik wirkt unpassend, auch wenn man es sicher verstehen kann, wenn ein Admiral quasi Crewmitglieder gegeneinander ausspielt. Aber eigentlich ist dies nicht der Picard, den wir kennen. Hinzu kommt noch, dass Picard unbedingt das Außenteam anführen will, was dann unweigerlich zu seiner Gefangennahme führt. Auch dies ist doch im Grunde ein Verhalten, das Picard in Serienzeiten nicht gezeigt hat. Wo ist seine Besonnenheit hin?

 

Störend ist zudem der Konflikt zwischen Akaar und Picard (wieso ist Picard im TNG-Relaunch eigentlich ständig im Klinsch mit dem Oberkommando?, dieser Ansatz wurde langsam überstrapaziert). Es drängt sich der Verdacht auf, dass dieser hier erzwungene Kleinkrieg eher Vorbereitung für künftige Bücher ist. Womit wir beim Thema wären: Teile des Buches sind eine einzige Überleitung zu den Ereignissen im Buch Section 31 – Control. Das Finale ist der Auftakt dazu, dass die Enthüllungen über die Aktivitäten von Sektion 31 die Föderation und die Sternenflotte erschüttern werden.

 

Insgesamt bleibt der Eindruck einer völlig konstruierten und künstlich gestreckten Handlung, die weder in ihrem Gegenwarts- noch Vergangenheitsplot überzeugen kann. In der Gegenwart ist die moralische Frage und der Beweis der Unschuld der Menschen im Grunde nicht mehr als eine Fingerübung, sodass allein in diesem Plot viel in die Länge gezogen werden muss. Und das Vergangenheitsszenario erscheint insgesamt befremdlich und wenig im Einklang mit dem, was wir aus Star Trek über das 21. Jahrhundert wissen. Sicher kann man über diese wenig und nicht immer konsistent behandelte Zeitperiode viel interpretieren, doch Dayton Ward hat mich hier einfach nicht abgeholt.

 

Vor allem habe ich mich aber gefragt, warum Hearts and Minds unbedingt unter dem Rubrum ‚TNG-Roman‘ laufen musste? Picard und die Enterprise sind künstlich hineingezwängt worden, sie sind völlig austauschbar, und genauso agiert der Captain der Enterprise auch nicht wie er selbst.

 

 

Fazit

 

Ein ziemlich mieses Buch, leider. Hearts and Minds wirkt wie der verzweifelte Versuch, unbedingt noch irgendeine Story an den TNG-Relaunch dranzuhängen. Dazu greift es frühere Ward-Bücher auf und präsentiert eine ziemlich unglaubwürdige Geschichte, die am Ende auch nicht viel wert ist. Kann man gut und gerne überspringen.

 

3/10 Punkten.

10-2022