Force and Motion

Autor: Jeffrey Lang
Erscheinungsjahr: 2016
Seitenzahl: 350
Band: DS9 Post-Season-9/Post-Destiny 13

Zeitraum: 1/2386

 

Inhalt

 

Benjamin Maxwell ist eine tragische Figur. Einst hoch dekorierter Sternenflotten-Captain, erlag er den Dämonen seiner Vergangenheit aus der Zeit der cardassianischen Grenzkonflikte (auf Setlik III starb seine Familie) und führte einen eigenmächtigen Angriff auf cardassianische Schiffe durch (TNG-Episode Der Rachefeldzug). Im Zuge seiner Festsetzung und eines Strafverfahrens gelangte er in die Strafkolonie in Neuseeland. Dort saß er seine Zeit ab, bis ihm ein neuer Anstaltsleiter substanzielle Fortschritte attestiert – und Maxwell wieder auf das Universum loslässt. Kurz darauf hat Maxwell bereits die Gelegenheit, bei einem Zwischenfall mit Piraten zu glänzen, aber der einstige Sternenflotten-Captain hat trotzdem nicht die Absicht, den großen Helden zu spielen. Er ist darauf bedacht, sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen, wo seine besonderen Fähigkeiten zu Geltung können kommen und er nicht weiter auffallen wird…vorzugsweise im hintersten Winkel der Galaxis. So kommt es dann auch.

 

In der Gegenwart des Jahres frühen 2386 haben Miles O’Brien und Nog gerade Urlaub erhalten. Auf Anregung O’Briens, der Maxwell noch aus weit früheren Tagen während seiner Zeit an Bord der U.S.S. Rudledge kennt, beschließen sie, dem einstigen Phoenix-Captain einen Besuch abzustatten. Maxwell hat inzwischen die Funktion eines Hausmeisters auf einer privaten Raumstation namens Hooke inne, ein Ort der wissenschaftlichen Experimente. Im Zuge dessen lernen sie auch Anatoly Finch kennen, den sehr einnehmenden und exzentrischen Eigentümer dieser Raumstation, der ihnen sein wichtigstes Experiment zeigt. Es handelt sich um eine künstlich gezeugte Lebensform („Mutter“), die fähig ist, agrarische Flächen zu entgiften. Und das sogar von den komplexen Giftstoffen, die die Borg bei ihrem Auslöschungsfeldzug gegen die Föderation auf vielen Planeten eingesetzt haben. Doch sein Geschäftsmodell erscheint sogar Nog als Ferengi moralisch eher fragwürdig.

 

Was als gemütlicher Ausflug geplant war, gerät schon bald zur Katastrophe. Mutter, die im Vakuum überleben kann, büchst aus, auch weil die Sicherheitsvorkehrungen nicht richtig greifen. Da Zivilisten gefährdet sind, liegt es an den beiden Föderationsoffizieren, eine Katastrophe zu verhindern. Zudem gilt es sicherzustellen, dass Mutter nicht in falsche Hände fällt...

 

 

Kritik

 

Force and Motion ist ein Roman, der einen sehr ratlos zurücklässt. Es ist ein Rätsel, woher Jeffrey Lang die Inspiration für die Story hergeholt hat. Eines ist sicher: Er hat sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von Star Trek her. Der Roman liest sich wie eine genreübliche Horrorstory, irgendeine unausgegorene Mischung aus Alien (daran erinnert bereits der Name ‚Mutter‘ des Wesens) und einer agrarisch geprägten Frankenstein-Version. Man hat es mit einem missglückten wissenschaftlichen Experiment zu tun, das für lauter Katastrophen sorgt und bei dessen Amoklauf Personen ums Leben kommen.

 

Noch schlimmer als die platte Grundgeschichte ist die Handhabung der Figuren. Die Geschichte konzentriert sich auf O’Brien, Nog und Maxwell. Bei den ersten beiden besteht das Problem darin, dass sie nicht agieren wie ihre Alter Egos aus der Serie. So hätten wir einen O’Brien, der sich für ihn völlig untypische Gedanken macht, wie er mit Nog als höhergestellten Offizier umgehen soll und ihm daher den Vorzug lässt. Wie bitte?! Abgesehen von jahrelanger Kenntnis und Freundschaft hat der Kumpel-Typ O’Brien Nog doch maßgeblich ausgebildet! Auf DS9 hat der alte Chief jedenfalls nie so ein komisches Verhalten gegenüber höherrangigen Offizieren an den Tag gelegt. Nog hingegen reitet immer wieder darauf herum, dass, wenn er und der Chief gemeinsam Urlaub machen, Dinge schief gehen.

 

Bei Maxwell haben wir die Krux, dass er zwar als Charakter durchaus überzeugend geschildert wird, aber am Ende völlig offen bleibt, warum er es gerade sein musste, der in diesem Roman als Gastfigur zurückkehren musste? Zumal auch jeder andere Stations-Hausmeister hätte sein können. Bei Maxwell hätte ich mir da einen stärkeren Zusammenhang zur entsprechenden TNG-Episode gewünscht, was allerdings zu einer grundlegend anderen Story geführt hätte.

 

Hinzu kommt, dass der Autor den Roman mit Flashbacks über Maxwells Vergangenheit und seine mühsame Rehabilitation nur so überfrachtet. Bei vielen dieser Kapitel fragt der geneigte Leser sich, was diese massenhaften Rückblenden zur eigentlichen Geschichte beitragen sollen. Am ehesten wirkt Maxwell wie ein unruhiger Geist, der nach einer neuen Bestimmung für sich sucht. Er ist damit von allen Figuren noch die authentischste und anfassbarste, und doch ist seine Einbettung in die Geschichte durch und durch künstlich.

 

Es gibt natürlich noch weitere Charaktere in Force and Motion, gemeint sind Mitglieder des Stationspersonals. Doch allen ist gemein, dass sie kein Interesse zu wecken vermögen, weil sie wie Stereotype wirken und auch von Lang so eingesetzt werden. Insofern investiert man als Leser nicht in diese Figuren; sie sind einem egal.

 

Die eigentliche Geschichte soll so bemüht Horrorfeeling aufkommen lassen, dass sie beinahe wie eine Parodie wirkt. Man hat den gierigen und korrupten Stationsleiter, der in Wahrheit für eine mit der Föderation verfeindete Macht tätig ist (es fehlt nur, dass er eine schwarze Katze krault und laut schallend und bösartig lacht). Man liest, wie Mutter mithilfe ihrer schleimigen Tentakel Kontrolle über die Besatzungsmitglieder der Station ausübt; aber hierbei kommt nichts auf, so billig, generisch und vorhersehbar ist diese Geschichte und so wenig passt sie zu DS9.

 

Und überhaupt: Was hat die ganze Geschichte mit dem DS9-Relaunch zu tun? Ich habe nicht die geringste Ahnung. Dass Romane, die nur entfernt an bestimmte Serien angelehnt sind und höchstens mit ein paar alten Charakteren hantieren (wie hier mit O’Brien und Nog), als genau diese Serienfortsetzungen ausgegeben werden, ist ein Phänomen, dass mir in der Spätphase der ST-Relaunches besonders negativ auffällt. Gemeinsam mit den schlechten Storys verstärkt es das Gefühl, dass auf Biegen und Brechen etwas an das Litverse drangehängt werden musste; the show must go on.

 

Die Auflösung der Haupthandlung ist dann auch dramatisch wirr. Es ist einfach unklar, was am Ende wirklich passiert. Auf mich wirkte es so, als musste das Buch noch schnell ein Ende bekommen. Nein, im Ernst, dieses Ende ist eine Beleidigung der Intelligenz des Lesers.

 

Summa summarum: Es bleibt ein Buch zurück, bei dem alles enorm konstruiert wirkt. Ben Maxwells unbedingtes Auftauchen, die eigenartige Station, die Probleme um Mutter und Finch – alles scheint ein Erzählvehikel, an dem sich die Helden abarbeiten sollen. Alles ist daher überzogen, erzwungen, beliebig. Erschwerend hinzu kommt die Aufblähung des Buches durch die Vielzahl an Rückblenden in Maxwells Leben, das Langeweile und Genervtheit aufkommen lässt.

 

 

Fazit

 

Was kann ich Positives über das Buch sagen? Nur Undistinguishable from Magic oder Resistance waren noch ein Quäntchen schlechter. Kein Zusammenhang mit DS9 (bis auf die beiden Hauptcharaktere), an den Haaren herbeigezogene Handlungsstränge, unübersichtliche und unnötige Zeitsprünge, Handlungsweisen, die nicht zu den Charakteren aus der TV-Serie bzw. aus den anderen Romanen passen. Mit zwei Sternen ist das Buch gut dabei.

 

2/10 Punkten.

10-2022