Night of the Wolves

Autorinnen: S.D. Perry & Britta Dennisson
Erscheinungsjahr: 2008
Seitenzahl: 460
Band: Pre-DS9

Zeitraum: 2345-57

 

Inhalt

 

Die zweite Erzählung der Terok Nor-Reihe verortet sich zeitlich rund zwei Dekaden nach der ursprünglichen Ankunft der Cardassianer auf Bajor. Einmal abgesehen von kleineren Nischen und dem sich immer stärker formierenden Untergrund- und Widerstandspotenzial ist der Planet nun vollständig annektiert worden. Im Zuge dessen rückt Gul Skrain Dukat zum Präfekten und obersten Militärgouverneur Bajors auf und beginnt damit, seine Vorstellungen von Herrschaft auszuüben.

 

Zum ersten Mal tauchen auch anderen bekannte Figuren auf. Hierzu zählen neben Damar, Gul Dukats rechter Hand und dem Mann für Grobe, die künftige Kai Opaka Sulan. Auch Ro Laren, an die sich TNG-Eingefleischte als überhaupt erste Bajoranerin in Star Trek erinnern werden, wird etabliert. Zudem sehen wir Odos Anfänge in einem cardassianisch-bajoranischen Labor und die Entwicklung seiner Gestaltwandlungsfähigkeiten und Persönlichkeit. Nicht zuletzt wird eine frühere Phase im Leben von Winn Adami geschildert. Und schließlich betritt eine sehr junge Freiheitskämpferin namens Kira Nerys die Bühne der Geschichte. Kira hat zu diesem Zeitpunkt einen schier nicht zu stillenden Rache- und Blutdurst und ist entschlossen, die Cardassianer wegen des Schicksals ihrer Mutter vom Angesicht Bajors zu tilgen…

 

 

Kritik

 

Wir erinnern uns: Im ersten Teil, Day of the Vipers, fand zunächst ein vermeintlich friedlicher Erstkontakt zwischen der Cardassianischen Union und Bajor statt. Diese viel versprechender Auftakt in den Beziehungen der beiden Völker war jedoch eine einzige Finte, denn sämtliche Kontrolle ging vom cardassianischen Militär aus. Der Orden der Oralius war nur als religiöse Unterstützung dabei, weil die Bajoraner darauf Wert legten. Oralius selbst hatte aber in der cardassianischen Politik kaum irgendeinen Einfluss, und das sollte er auch nicht. Er erfüllte lediglich die Funktion eines vertrauensbildenden Feigenblatts, am Ende nicht mehr und nicht weniger eine Art Köder, um Bajor in den Beginn eines unheilvollen Schicksals zu locken.

 

Als die Bajoraner Stück für Stück den Intrigen in der Politik erlagen, nutzte die cardassianische Flotte dann die Gunst der Stunde und schaltete die bajoranische Miliz aus. Kurz darauf wurde bereits schweres militärisches Gerät nach Bajor verschifft, und die Besatzung nahm Gestalt an. Nun ist die cardassianische Okkupation gefestigt. Der Planeten befindet sich endgültig im Würgegriff der Cardassianer, die beginnen, die Welt unverhohlen auszubeuten.

 

Der zweite Band jongliert mit zahlreichen Figuren, die uns aus der Serie bekannt sind. Da haben wir zum einen Dukat, mittlerweile Präfekt der frisch errichteten Orbitalfestung Terok Nor. Wir sehen, wie Dukat durchaus Verständnis für die Bajoraner zeigt. Während andere Militärs viel stärker in die bajoranische Kultur eingreifen und bestimmte Praktiken unterbinden wollen, lässt Dukat den Bajoranern ihren Glauben und greift auch ansonsten nicht zu stark und restriktiv in das Leben des unterworfenen Volkes ein. Einer der Höhepunkte des zweiten Bandes ist, dass gezeigt wird, welch schwierigen Stand Dukat mit dieser politischen Linie bei nicht wenigen cardassianischen Zeitgenossen hat. Sie sehen Bajor als reine Ressource und sind der Auffassung, Dukat könnte mehr als dieser Ressource pressen. Aus Sicht dieser Politiker und Militärs sollte der Präfekt mit harter Hand herrschen und Fehltritte brutal bestrafen, um Furcht zu einem Instrument der Macht zu machen, wie es in der repressiven cardassianischen Kolonialpolitik Tradition hat. Doch Dukat möchte von den Bajoranern anerkannt werden; er sehnt sich nach der Zuneigung dieses Volkes, das ihn zusehends fasziniert.

 

Doch Dukat wird die Sympathie der Bajoraner nie erhalten. Das vermutlich entscheidende Thema des Buches ist die immer verhängnisvollere Entwicklung der Besatzung und die sukzessive Erosion von Gul Dukats Versprechen und Haltung gegenüber den Bajoranern. Dies ist in gewisser Weise auch das Leitmotiv von Night of the Wolves. Dukat startet mit allzu romantisierten Vorstellungen, Herrschaft auszuüben und ein gerechter Präfekt zu sein. Von seiner überheblichen Warte aus will er ein paternalistisches Verhältnis zu von den ihm Beherrschten aufbauen und dafür Dank bekommen. Diese verklärte Attitüde, an der Dukat bis zu seinem Ende im DS9-Finale zu knabbern haben wird, ist der blinde Fleck einer Person, die nicht in der Lage ist, zu erkennen, welche Rolle sie tatsächlich ausübt (nämlich die eines autoritären Unterdrückers).

 

Und doch muss man Dukat wohl zugute halten, dass viele andere Cardassianer noch brutaler vorgegangen wären als er. Aus Sicht der Bajoraner macht es jedoch am langen Ende keinen Unterschied, ob Dukat ein bisschen mehr oder weniger repressiv gegen Widerstand aus ihren Reihen vorgeht: Er ist der Besatzer, der Bajor um seine Freiheit und Selbstbestimmung gebracht hat. Deshalb sind Dukats innere Sehnsüchte von einer milden, gütigen und vom Volk anerkannten Herrschaft über Bajor von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Sie entlarven indes einen Mann, der von starker innerer Einsamkeit geprägt ist und daher Anerkennung sucht. Hier hat der Roman eine klare Stärke.

 

Auch Dukats (fragwürdiges) Privatleben wird genauer ausgeleuchtet. Obgleich verheiratet, führt er eine Liebesbeziehung mit Komfortfrau Kira Meru, Nerys‘ Mutter (siehe DS9-Episode Tiefes Unrecht). Dafür kümmert er sich um die Kira-Familie. Sie erhalten stets genug zu essen, werden medizinisch versorgt und auch sonst von den Militärs in Ruhe gelassen. Das intensive Kümmern um Meru ist allerdings dem bajoranischen Kollaborateur Basso Tromac alles andere als recht. Als Dukat sich einer anderen Frau zuwendet und mit dieser auch ein Kind erwartet (Ziyal), sieht Basso seine Gelegenheit gekommen, gegen Meru vorzugehen. Seine Intrige führt zu Merus Abschiebung, in deren Folge sie letztlich in einem cardassianischen Krankenhaus stirbt.

 

Im Zusammenhang mit dem tragischen Schicksal ihrer Familie sehen wir eher verhalten und allmählich Kira Nerys' Aufstieg im sich mehr und mehr formierenden Widerstand. Im Buch wird Kira erstmalig als Zehnjährige gezeigt wird, während Ro Laren, einige Jahre älter, bereits mittendrin im Geschehen ist. Eine Figur, die ebenfalls und fast notwendigerweise Raum erhält, ist Opaka Sulan. Wir sehen ihren Aufstieg zur spirituellen Führerin Bajors (eine Rolle, die sie bis zum Ende der Besatzung ausüben wird). Die kommende Kai erhält eine interessante Hintergrundgeschichte darüber, wie ihre Lehren zu einem Schisma im Bajor-Glauben führten und das Glaubenssystem so reformierten, dass es das Volk im Widerstand gegen die Besatzer besser vereinen konnte.

 

Winn Adami ist bereits zu Beginn so unausstehlich und arrogant, wie sie es in ihrer Regierungszeit als Kai sein sollte. Außerdem erfahren wir mehr über Gul Darhe'el, Marritza, den erneuten Orden von Oralius, Damar, Natima Lang und Darrah Mace aus dem Vorband. Darüber hinaus erhält ‚Gar‘ Osen seine gerechte Strafe aus dem Obsidianischen Orden. Auch Odos Fund wird am Anfang des Romanes gezeigt, aber erst lange danach wird Dr. Mora Pol erkennen, dass es sich um eine komplexe, empfindungsfähige Lebensform handelt.

 

Dieser Roman zeigt ergo eine Menge Charaktere, die wir bereits aus der Serie kennen. Alle Geschichten der Charaktere und ihre Verstrickungen in der Besatzungsthematik werden gut miteinander verwoben, der Schreibstil ist gut und flüssig. Doch während der erste Band noch mit Erkenntnissen darüber aufwarten konnte, wie es überhaupt zur Besatzung kam und die Cardassianer diese hinterlistig einfädelten, ist der Mittelteil der Okkupation ein wenig enttäuschend. Denn wir erfahren einfach nicht viel Neues gegenüber den Informationen aus der Serie. Sicher, gerade Dukats scheiternder Traum vom großen, ruhmreichen Präfekten wird hier besonders gut ausgeschmückt und seine Denkweise dadurch plastischer, doch all dies wurde auch von der Serie bereits ausreichend und nachvollziehbar dargestellt.

 

 

Fazit

 

Insofern fehlt mir in Night of the Wolves ein wenig das Genuine, das eine Trilogie zur Bajor-Besatzung rechtfertigt. Klar, Ausschmückungen und ausführliche Beschreibungen, insbesondere des Mindsets von Skrain Dukat oder der Rolle Opakas, sind schön und gut. Es braucht aber eben doch etwas mehr als nur das Sammeln und Verweben einer Menge Referenzen und Querverweise.

 

Ich hoffe, dass der letzte Band ein wenig mehr für frischen Wind sorgen kann, insbesondere mit Blick auf die Frage, wie die Besatzung denn konkret beendet werden konnte...

 

6/10 Punkten.

8-2020