Patterns of Interference

Autor: Christopher L. Bennett
Erscheinungsjahr: 2017
Seitenzahl: 300
Band: 6.5

Zeitraum: 12/2165-3/2166

 

Inhalt

 

Der fünfte Rise of the Federation-Band Patterns of Interference setzt wie bei Christopher L. Bennett und seiner dichten, verwobenen Erzählung üblich unmittelbar auf die Vorgängerromane auf. Vorkenntnisse der anderen Bände sind also nahezu zwingend.

 

Das Jahr 2166 bricht an; die junge Föderation befindet sich damit in ihrem sechsten Jahr. Anknüpfend an die Ereignisse aus Live by the Code, bei denen eine gut gemeinte Einmischung der Föderation in die Angelegenheiten anderer Völker inmitten der Ware-Krise, beinahe zu einer Katastrophe geführt hätte, ist Admiral Jonathan Archer darum bemüht, eine Nichteinmischungsdirektive für die Planetenallianz zu entwickeln bzw. durchzusetzen.

 

Das stellt jedoch insofern ein echtes Problem dar, als gerade ein Szenario Auftrieb bekommt, dass die Richtigkeit eines eher gegenteiligen Kurses nahe legt: Auf dem Planeten Sauria begeht der Despot Maltuvis (heimlich von den Orionern unterstützt) ein Massaker an der Zivilbevölkerung, woraufhin sich die Föderation – die jahrelang von Maltuvis Dilithium kaufte und so indirekt seinen erfolgreichen Eroberungsfeldzug gegen die anderen Staaten auf Sauria finanzierte – genötigt sieht, dem Treiben nicht länger zuzusehen. Man plant, subtiler aber eindeutig zu intervenieren, um den Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.

 

Infolgedessen wird die U.S.S. Essex nach Sauria geschickt, um zusammen mit dem in den Untergrund getriebenen Rest der einstigen saurianischen Weltregierung einen Sabotageakt gegen eine von Maltuvis‘ Schiffswerften auszuführen. Leider sind die Orion-Schwestern einen Schritt weiter, war es doch genau ihr Plan, die Föderation herzuholen und einen Sabotageakt verüben zu lassen. So gedenken die Syndikalisten, der VFP den Tod von Millionen saurianischen Zivilisten in die Schuhe zu schieben. Ziel ist es, Stimmung gegen die Föderation zu machen und diese in die Isolation zu treiben, damit die subversiven Elemente in der Galaxis weiterhin ihren schmutzigen Geschäften nachgehen können.

 

Bezeichnenderweise will Sektion 31 die sich anbahnende Katastrophe einfach passieren lassen, weil sie kein Freund einer intervenierenden Föderation ist. Für Charles Tucker ist dies der Punkt, an dem er sich nach jahrelanger Tätigkeit für die ominöse, autarke Abteilung von Harris lossagt. Er konspiriert mit Archer, T’Pol und Reed, um Sektion 31, deren Kopf und dessen Machenschaften zu enttarnen und zu diskreditieren. Dafür muss er jedoch nach Sauria reisen und mit der orionischen Agentin Devna (von der er weiß, dass ihre Treue zu den durchtriebenen Schwestern nicht uneingeschränkt ist) einen Pakt eingehen…

 

 

Kritik

 

In seinem fünften und vermutlich letzten Roman der zweiten ENT-Relaunch-Etappe zeigt Bennett einmal mehr, dass er ein Meister ist, wenn es darum geht, Handlungen längerfristig aufzubauen und systematisch weiterzuentwickeln. Mit Blick auf die enorm spannende Hauptstoryline kann man tatsächlich von so etwas wie einem Kulimnationspunkt der Entwicklungen der Föderation sprechen, wie wir sie in den zurückliegenden Bänden verfolgen durften.

 

Die heikle politische Situation und Rolle der Föderation zusammen mit einer klassischen Agentenstory rund um Verrat und Täuschung ist von Anfang bis Ende enorm spannend. Bennett versteht es, die Handlung trotz der Komplexität, die durch die vielen beteiligten Parteien und Interessen entsteht, vergleichsweise zügig und temporeich voranzutreiben. Dabei wirbeln zwar eindeutig zu viele Schauplätze, Canon-Infos und Gesichter durcheinander (von einem exzessiven Namedropping, das man so nicht gebraucht hätte, ganz zu schweigen!), sodass es manchmal schwer ist, noch den Überblick zu behalten, doch der primäre Handlungsbogen ist dennoch recht gut in Szene gesetzt. Ich finde es jedoch schade, dass die Selbstreflexion in Bezug auf die Fehler, die man in der Ware-Krise gemacht hat, zunehmend zugunsten der Agentengeschichte in diesem Handlungsstrang versandet. Damit geht einher, dass innere Debatten in der Föderation insbesondere vor Tuckers Mission zurücktreten müssen.

 

Und genau hier liegt für mich ein wenig der Hund begraben: Tuckers Plan, um Sektion 31 zu diskreditieren, kommt eigentlich an der Stelle in der Trek-Geschichte viel zu früh. So löblich es ist, diese Verbindung zu ziehen und zu zeigen, dass auch Tucker schon gegen die Sektion kämpfte, ist mir die rote Linie in Richtung Deep Space Nine (oder meinetwegen auch das von mir wenig geliebte Discovery) einfach zu offensichtlich. Zudem ist von vorneherein relativ klar, dass Tucker scheitern wird. Zwar wird eine Verschwörung aufgedeckt, die Führung der Sektion entkommt aber (größtenteils). Der Strang der Agentenstory ist also für mich insgesamt eher enttäuschend ausgefallen. Gut, man mag – wieder einmal – einwenden, dass Bennett kaum eine Wahl blieb, als den S31-Plot weiter zu drehen, weil dies durch das Autorentandem Mangels/Martin so vorprogrammiert worden war. Nachdem in den letzten Bänden immer wieder der Versuch unternommen wurde, Argumente zu liefern, warum Tucker trotz allen Zähneknirschens S31 treu bleibt, gibt es hier immerhin eine (vorübergehende?) Aufwallung. 

 

Die Nebenhandlungen müssen sich in Patterns of Interference dem orionischen Komplott rund um den Anschlag auf Sauria sowie Tuckers Einsatz unterordnen. Das ist im Grunde gut so, denn sonderlich gezündet haben sie nicht. Die Endeavour verschlägt es zu einem unbekannten Planeten, der ausschließlich von pflanzlichen Lebewesen bewohnt ist und auf dem nicht nur ein exotisches Ambiente herrscht, sondern auch Hoshi Sato vor eine sehr persönliche Herausforderung gestellt wird. Obwohl ein wenig Sense of wonder-Feeling aufkommt (ich denke an die Dryaden, eine Art Baumspezies), ist recht deutlich, dass Bennett hier quasi eine Beschäftigungstherapie verordnet, um zu zeigen, dass die Endeavour nach wie vor alle Hände voll zu tun hat. Die Crew der Pioneer hält sich indes hingegen die meiste Zeit im Raumdock auf, wodurch sich überraschenderweise für Malcolm Reed die Gelegenheit ergibt, einer Kollegin äußerst nahe zu kommen. Für mich persönlich war dies der schwächste Strang der Geschichte.

 

Vermehrt treten neue Charaktere in den Vordergrund, die in den letzten Bänden eingeführt wurden (vor allem Devna und Garos bekommen genügend Raum, um aufzuzeigen, das auch Bösewichter nicht unbedingt per se böse sein müssen). Das ist auf der einen Seite nett anzusehen, da sich die Enterprise-Charaktere inzwischen deutlich in eine spezielle Richtung entwickelt und oft nicht mehr den Zusammenhalt früherer Tage haben. Andererseits verwässert sich das genuine Feeling aus der Serie inzwischen doch sehr stark, sodass ich mich inzwischen frage, inwiefern wir es hier überhaupt noch mit einem Enterprise-Relaunch zu tun haben. Vermutlich war diese Entwicklung jedoch seit dem ersten Buch der Reihe, in der Bennett einen ganz eigenen Ansatz verfolgt hat, ein Stück weit vorgezeichnet. Was ich definitiv in dieser Ausführlichkeit nicht gebraucht hätte, ist ein ausgeprägter Hand zum ‚Foreshadowing‘ für Figuren bzw. deren Vorfahren aus dem 23. Jahrhundert. Besonders gilt dies mit Blick auf Samuel Abraham Kirk.

 

 

Fazit

 

Der Roman ist trotz mancher Enttäuschungen und Vorhersehbarkeiten insgesamt sicher als grundsolide zu bezeichnen. Wir haben es mit einer komplexen Ausgangssituation, spannenden politischen Fragestellungen mit Verbindung zu großen Kontexten der Föderationsentwicklung sowie einer unter dem Strich dennoch spannenden Agentenstory zu tun.

 

Dennoch stellt sich bei mir in Bezug auf die Reihe Rise of the Federation inzwischen so etwas wie leichte Ermüdung ein. Patterns of Interference offenbart die Überdehnung eines an und für sich – gerade mit Blick auf diese prägende geschichtliche Ära – interessanten erzählerischen Ansatzes. Es bleibt kein einfaches Unterfangen, der Handlung an den unterschiedlichsten Schauplätzen (die nicht alle gleich wichtig sind) zu folgen, ständig den Aha-Effekt in einem Haufen von canon-schwangeren Informationen zu finden und alle Zusammenhänge gleichzeitig im Blick zu behalten. Dadurch habe ich gelegentlich das Gefühl, die Selbstreferenzialität zum ST-Kosmos ist bei Bennett manchmal zum Selbstzweck verkommen. In dieser Hinsicht zeigt sich der Autor weit päpstlicher als die Producer und Drehbuchautoren der ST-Serien und -Filme es jemals waren!

 

Hingegen kann ich den besonderen Geist einer genuinen Enterprise-Serienfortsetzung mit einer dichten, an den Hauptfiguren lancierten Charakterentwicklung nur noch sehr bedingt ausmachen. Insofern würde ich sagen, dass die Reihe sich bisweilen ein wenig verbraucht hat, auch wenn ich sie unter dem Strich als deutlich gelungener und intelligenter bewerten würde als die erste Phase des ENT-Relaunch rund um den Krieg gegen die Romulaner.

 

6/10 Punkten.

1-2020