The Red King

Autoren: Andy Mangels & Michael A. Martin
Erscheinungsjahr: 2006
Seitenzahl: 380
Band: 2

Zeitraum: 1/-2/2380

 

Inhalt

 

Eigentlich soll die U.S.S. Titan ja den Beta-Quadranten erforschen. Das erste Abenteuer führte Captain Riker und seine neue multiethnische Crew aber nach Romulus – wo es einen wahren Politthriller zu überstehen galt. Im Zentrum stand nicht durch die künftige innenpolitische Tektonik des romulanischen Riesenreichs bzw. von welchen Mächtefeldern sie bestimmt wird, sondern allem voran die nach dem Tod des Putschisten Shinzon offengebliebene remanische Frage. Im letzten Moment gelang es Riker, dieses Pulverfass zu entschärfen. Der unerwartete Cliffhanger endete damit, dass die Titan zusammen mit der I.R.W. Valdore (der Kreuzer von Commander Donatra) durch eine im Zuge der Zerstörung der Scimitar entstandene Singularität in die 200.000 Lichtjahre entfernte Kleine Magellan’sche Wolke katapultiert wurden.

 

Nachdem sich Riker und seine Leute berappelt haben, ergeben Nachforschungen, dass beinahe hundert Jahre früher bereits ein Sternenflotten-Schiff die Kleine Magellan’sche Wolke besucht hat, nämlich die U.S.S. Excelsior unter Captain Sulu (vgl. The Lost Era: The Sundered). Während dieses Aufenthalts wurde der Erstkontakt mit einer Spezies hergestellt, die sich als Neyel bezeichnet und offenbar in einem engen verwandtschaftlichen Verhältnis zu den Menschen steht. Wegen eines Unfalls mit Zefram Cochranes experimentellem Warpantrieb strandeten sie damals in dieser Satellitengalaxis. Dort haben sie über Jahrhunderte ein Imperium aufgebaut, das nun auseinanderzubrechen droht – und das ausgerechnet in einer Zeit, in dem der ganze Raumbereich vor schwerwiegenden Verfallsproblemen steht.


Denn die Spalte im Raum ist nicht nur eine Art Wurmloch zum Beta-Quadranten, sondern zugleich das Tor zu einer Art Protouniversum, das sich die Magellan’sche Wolke nach und nach einverleibt. Für die Neyel bedeutet dieser Vorgang das sichere Ende ihrer Existenz…

 

 

Kritik

 

Ich weiß noch, wie sehr ich mich über den abrupten Cliffhanger von Taking Wing geärgert habe – und darauf gefreut, als ich endlich The Red King in Händen hielt.  Bedauerlicherweise überwiegt nach der Lektüre eher Enttäuschung bei mir. Dies hat eine ganze Reihe von Gründen.

 

So schön die Kontinuitätslinien auch sind, die Mangels und Martin zu The Sundered zeichnen (das natürlich auch aus ihrer Feder stammte), so wenig scheint Titan eine eigene Dynamik zu entfalten, sondern wirkt eher wie die Fortsetzung der Lost Era-Geschichte. Dafür spricht beispielsweise auch, dass zwei Altbekannte mit von der Partie sind, die bereits achtzig Jahre früher auf der Excelsior zugegen waren: Tuvok und Admiral Akaar. Die Vertiefung ihres persönlichen Verhältnisses wirkt total aus dem Zusammenhang gefallen, die Flashbacks bestenfalls überflüssig; sie ergibt nur vor dem Hintergrund von The Sundered Sinn. Der normale Titan-Leser wird aber höchstwahrscheinlich mit der anderen Reihe weniger zusammengestoßen sein. Von daher erscheint die zweite Mission von Rikers Schiff irgendwie seltsam erzwungen.


Nach einem ohnehin für die groß versprochene Forschungsreise der Titan ungewöhnlichen ersten Abenteuer, in dem Politikintrigen auf hohen Niveau dominierten, ist die Versetzung in die Magellan’sche Wolke eine neuerliche Zwangsüberraschung, auf die man hätte getrost verzichten können. Dies liegt allem voran an der Rahmenhandlung mit dem ungewollten Portal, die allzu weit hergeholt erscheint und keinen wirklichen Klimax bietet, obwohl es hier um Gedeih und Verderb eines ganzen Volkes geht. Überhaupt empfinde ich den Einfall mit dem Protouniversum sehr gewöhnungsbedürtig. Wieso sollte ein Konzept, das bereits in einigen Star Trek-Episoden mit durchwachsenen Resultaten ausprobiert wurde, im zweiten Titan-Buch fruchten? Das tut es nicht, und wie viele Lebewesen in dieser Geschichte dramatisch zu Tode kommen, fällt kaum auf.


Positiver, wenn auch nur mit punktuellem Bezug zur Rahmenhandlung gestaltet sich die Charakterentwicklung. Hervorzuheben ist die durchaus spannungserfüllte Beziehung zwischen Riker, dem Neyel Frane und Donatra: Sie werden zu Bindegliedern zwischen ihren Welten und kommen weitgehend authentisch herüber. Insbesondere die Zeichnung der romulanischen Kommandantin hat mich in ihrer Mischung aus Sympathie, Würde und Unberechenbarkeit überzeugt, und es bleibt zu hoffen, dass sie in den Star Trek-Romanen weiter ausgearbeitet wird.

 

Darüber hinaus hat Riker mit The Red King dann endlich seine Besatzung zusammen: Die letzten Mannschaftsmitglieder werden gefunden, und es zeigt sich, dass Titan nicht nur eine Reise in fremde Gefilde des Alls werden wird, sondern auch eine Reise in den Innerkosmos dieses Schiffes. Nicht zuletzt deshalb ist ein interessanter Punkt, der bereits vom zweiten Buch aufgegriffen wird, das Leben nicht-humanoider Lebensformen an Bord eines Sternenflotten-Raumers. Angesichts der Fülle von fremdem Leben wird man jedoch darauf Acht geben müssen, dass kein Zwang entsteht, immer mit irgendeinem neuen exotischen Crewmitglied aufwarten zu müssen und dass sich Innovationen zusehends auf fremdartige Biologien konzentrieren als auf kulturelle Denk- und Lebensweisen.


Insgesamt finde ich jedoch, dass der Auftakt für die neue Reihe nicht unbedingt geglückt ist. Der erste Roman hat, streng genommen, das Thema verfehlt, war aber durch seine starke Kontinuität zu Nemesis und die Tatsache, dass er den Leser fesselnd in die romulanische Politik entführte, am Ende ungewöhnlich gut. Das zweite Buch nun ist zwar näher am Leitmotiv der Serie dran, dafür ist die ganze Architektur der Story kompliziert und hölzern.

 

Sollte Titan mit einer solchen Qualität von Missionen weitermachen, wird sich der Reiz des Konzeptes sehr schnell erschöpfen, denn diese Art von Aufbrüchen ins Unbekannte hatten wir bereits in Film und Fernsehen. Es bleibt also zu wünschen, dass Riker und Co. im Zuge ihrer kommenden Einsätze wirklich Außergewöhnliches finden werden - und sich dieses wahrhaft Unbekannte dann in den Seelen der sehr verschiedenen Mannschaftsmitglieder spiegelt.

 

 

Fazit

 

The Red King weiß leider nicht zu überzeugen. Die Story rund um das Protouniversum ist schlecht, sperrig und unlogisch. Wirkliche Hoffnung verspricht eigentlich nur die multikulturelle Mannschaft. Was soll's, blicken wir nach den Anfangsturbulenzen einem richtigen Aufbruch der Titan gespannt entgegen.

 

5/10 Punkten.

6-2012