In Tempest's Wake

Autor: Dayton Ward
Erscheinungsjahr: 2012
Seitenzahl: 90
Band: 1.9

Zeitraum: 2268

 

Inhalt

 

Die Operation Vanguard ist Geschichte. Raumbasis 47 wurde im letzten Vanguard-Band, Storming Heaven, in einer spektakulären Schlacht von einer riesigen tholianischen Flotte zu Sternenstaub verarbeitet. Nur dank der Unterstützung der Enterprise konnte der Kampf gegen die Shedai in letzter Sekunde gewonnen, die Evakuierung der Raumbasis rechtzeitig ausgeführt sowie die zentralen Schiffe Endeavour und Sagittarius in Sicherheit gebracht werden.

 

Das exklusive E-Book In Tempest’s Wake ist eine Art Anhängsel zu der Saga, die hinter uns liegt. Fünf Tage sind vergangen seit dem großen Inferno. Die Enterprise und die übrigen Sternenflotten-Raumer, die in die letzte große Schlacht in der Taurus-Region verwickelt waren, werden zu einem abgelegenen Stützpunkt beordert. Dort werden nicht nur notwendige Reparaturen durchgeführt und Verwundete versorgt – Captain James T. Kirk ist auch zu einer Besprechung bei Admiral Heihachiro Nogura geladen, dem letzten Oberbefehlshaber Vanguard-Station.  

 

Nogura nimmt sich viel Zeit für Kirk, bevor dieser seine Fünf-Jahres-Mission wieder aufnehmen soll. Bei einem guten Jahrgang saurianischem Brandy tauschen sich beide Männer über die turbulenten Geschehnisse kurz vor und während der Schlacht mit den Tholianern aus. Insbesondere die Erlebnisse aus Sicht der Enterprise-Besatzung stehen dabei im Vordergrund. Zudem wird eine Brücke zwischen den Ereignissen in der TOS-Episode Das Spinnennetz rund um das rätselhafte Verschwinden der U.S.S. Defiant und der Handlung der letzten beiden Vanguard-Bände geschlagen.

 

Während das Gespräch voranschreitet, wird immer deutlicher, dass Nogura von nun an ein besonderes Auge auf Kirk haben wird. Das liegt offenbar nicht nur daran, dass Kirk, absichtlich wie unabsichtlich, viel über diese geheime Sternenflotten-Mission in Erfahrung gebracht hat und nun verspricht, sämtliches Wissen über die Operation Vanguard in der Schublade verschwinden zu lassen und nie wieder ein Wort darüber zu verlieren…

 

 

Kritik

 

Als ich von In Tempest's Wake erfuhr, war ich zunächst skeptisch. Wofür ein kleines, keine hundert Seiten umfassendes E-Book herausbringen, wenn Vanguard eigentlich längst zu Ende erzählt ist? Dann erinnerte ich mich, dass eine nicht ganz unbedeutende Sache offen geblieben war: nämlich die Überleitung der Geschehnisse in Vanguard zum ersten und vor allem zweiten Kinofilm, wo insbesondere das Genesis-Projekt im Vordergrund steht.  

 

Leider wird dieser erhellende Brückenschlag nicht von dem Buch vollzogen. Denn die kleine Novelle ergießt sich fast ausschließlich in der Rekapitulation der bereits bekannten Handlung aus Storming Heaven, nur diesmal eben aus Sicht von Kirk und seiner Crew erzählt. Dass die Szenen während der Schlacht mit den Tholianern kurzweilig und gut geschrieben sind, macht dieses Problem nicht wett. Auch die anderen Rückblenden bringen wenig Neues an die Oberfläche. Die abschließende Klärung der Frage, was mit der Defiant geschehen ist, mag für Kirk eine Rolle spielen – für den kundigen Zuschauer ist es hingegen nicht mehr erhellend, da die vorangegangenen Bücher hier bereits Aufklärungsarbeit geleistet haben. Insgesamt wartet man vergeblich darauf, dass In Tempest’s Wake den Beweis erbringt, warum es unbedingt geschrieben werden musste; es erscheint eher als Dublette, die noch mal alles in kompakterer Form zusammenfasst. Hinzu kommt, dass die Geschichte neue Fragen und Irritationen aufwirft.

 

Beispielsweise frage ich mich, warum Nogura Kirk zu einem so ausgedehnten Gespräch einlädt, nur um mit ihm letztlich weitgehend Triviales und Belangloses auszutauschen? Den Verlauf der Schlacht hat er schließlich auch miterlebt. Was macht gerade Kirk für den Admiral so besonders? Die Unterhaltung mündet in herzlich wenig. Ich hatte gehofft, Nogura würde Kirk bitten, das Taurus-Projekt – hinter den Kulissen versteht sich – in neuer Form weiterzuführen oder zumindest mit zu verantworten. Hinweise, dass Kirk hier eine Rolle spielte, gibt es ja in Der Zorn des Khan und Auf der Suche nach Mister Spock (man denke an die Aufzeichnung über die Wirkung des Genesis-Projektils, wo auch Kirk einen Vortrag hält). Aber nichts dergleichen geschieht.

 

Stattdessen verpflichtet Nogura den Enterprise-Captain, sein Komplize bei der offiziellen Auslöschung des Vanguard-Projekts zu werden. Und hier finde ich, dass Kirk viel zu schnell klein beigibt und bei diesem moralisch äußerst bedenklichen Vorhaben mitmacht. Mir ist klar, dass dies so laufen muss, um die Geschehnisse im (ebenfalls von Dayton Ward geschriebenen) Typhon Pact-Roman Paths of Disharmony zu legitimieren. Aber es erscheint doch abenteuerlich, dass sich gerade der Gerechtigkeitsmensch Kirk ohne viel Aufhebens bereiterklärt, das Vanguard-Projekt in der Versenkung verschwinden zu lassen und damit die Rechte einer demokratischen Öffentlichkeit mit Füßen tritt.

 

Was mir auch fehlt, sind mehr Hinweise darauf, inwieweit Nogura Kirks berufliche Zukunft prägen wird. Denkt man an den TOS-Roman Die Verlorenen Jahre, scheint der Admiral ja immer mehr zu einer Art Mentor des Captains zu werden (oder jedenfalls einer grauen Eminenz im Hintergrund), der letztlich auch für dessen Entscheidung mitverantwortlich ist, der Enterprise den Rücken zu kehren und hinter einem Schreibtisch im Oberkommando Platz zu nehmen. Doch zu eben jenem Verhältnis zwischen beiden Männern erfährt man ebenso wenig wie über die weitere Entwicklung des Vanguard-Projekts (beziehungsweise seiner restlichen Bestandteile), das ja irgendwann, und wenn auch nur indirekt, in die Entwicklung des Genesis-Projektils mündet.

 

Ich frage mich also: Wäre es nicht besser gewesen, In Tempest’s Wake anstelle eines Zwiegesprächs als einen szenerischen Zeitraffer zu entwerfen, das uns gezielt Schlüsselszenen präsentiert, die Aufschluss geben über die weitere Verquickung des Duos Krik-Nogura, Carol Marcus und ihre Arbeit, den Umgang der Sternenflotte mit diesem Geheimprojekt und so weiter? Vermutlich wäre allemal mehr dabei herumgekommen als die Rekapitulation des bereits Gehabten. Vanguard bleibt somit in einigen wichtigen Punkten unabgeschlossen. Leider, leider, leider.

 

 

Fazit

 

Die Idee, ein zusätzliches Büchlein herauszubringen, das offen gebliebene Fragen nach Abschluss der Vanguard-Saga klärt, hatte durchaus Potenzial. Bedauerlicherweise ist aus diesem Nachklapp nicht viel gemacht worden, denn alle Fragen bleiben am Ende unbeantwortet. Auf Überleitungen zu den ersten Star Trek-Filmen, insbesondere Nummer zwei, wartet der Leser vergeblich. So hat In Tempest's Wake einen in weiten Teilen zu Storming Heaven redundanten Inhalt und kann keine rechte Begründung für seine Existenz liefern. Ein Buch, das man sich getrost sparen kann.

 

3/10 Punkten.

2-2014