2154: Marodeur-Krise

 

 

Die sogenannte Marodeur-Krise ist eine Serie von Ereignissen, bei denen ein romulanisches Drohnenschiff mittels gezielter Camouflage-Attacken den Versuch unternimmt, die stellare Region um die Erde (östlicher Alpha-Quadrant) politisch zu destabilisieren. Gleichsam handelt es sich um den ersten aggressiven Akt des Romulanischen Sternenimperiums gegen die Menschen und ihre Verbündeten. Der Zwischenfall wird zum Geburtshelfer einer noch flüchtigen Defensivallianz aus Vereinigter Erde, Vulkan, Andorianischem Imperium und Tellar.

 

 

Ursachen

 

Der feindselige Vorstoß der Romulaner kam für die Erde fast genauso unvorbereitet wie anderthalb Jahre vorher die Xindi-Krise über sie hereinbrach. Im Vorfeld hatte sich zumal bislang nur ein einziger offizieller Kontakt ereignet, bei dem im Jahr 2152 ein Sternenflotten-Schiff ein romulanisches Minenfeld streifte. In der Folge wurde es Zeuge des Manöverflugs zweier hoch entwickelter romulanischer Tarnkreuzer.

 

In rückwärtiger Analyse ist zu vermuten, dass die Romulaner im Minenfeld den Prototypen einer neuen Schiffsgeneration testeten und sich durch das plötzliche Auftauchen der Menschen ausspioniert fühlten. Dieser Affront in den Augen der Romulaner ist aber wohl nicht die eigentliche Ursache für ihren militärischen Feldzug während der Marodeur-Krise. Vielmehr wird ein Zusammenhang gesehen mit dem zu dieser Zeit in der romulanischen Politik weit verbreiteten Dogma der unbegrenzten Ausdehnung. Aus ihm resultierte der natürliche Anspruch, potenzielle Gefahrenquellen für die weitere Expansion des Imperiums zu eliminieren und neue Regionen des Weltraums zu erobern. Hier war die Erde den Romulanern mehr als nur ein Dorn im Auge.

 

Spätestens seit dem Erstkontakt mit den Menschen beobachtete das entlegene Sternenimperium ganz genau die diplomatischen Fortschritte der Erde. Als die Wahrscheinlichkeit mehr und mehr zunahm, sie könnte in absehbarer Zeit der Scharnier eines tragfähigen Bündnisses aus mehreren regionalen Mittelmächten werden, entstand eine neuartige Bedrohungsperzeption, die der romulanischen Politik ihr Handeln diktierte: mit ganz konkreten und radikalen Maßnahmen der Entstehung einer Interspeziesallianz zuvorzukommen.

 

 

Verlauf

 

Im November 2154 wurden die ohnehin kritischen Beziehungen der beiden Regionalmächte Andoria und Tellar durch Unstimmigkeiten über ein Handelsabkommen belastet. Wegen ihres relativ guten, wenn auch empfindlichen Verhältnisses zu den Andorianern und wohl wissend, wie fatal ein Krieg zwischen Andoria und Tellar sich auf die gesamte Region auswirken könnte, bot die Erdregierung an, als Mediator im Streit zu vermitteln. Die beiden Streitparteien willigten ein, woraufhin die Sternenflotte ihr Flaggschiff, die Enterprise, NX-01, unter dem Befehl von Captain Jonathan Archer, zum neutralen Planeten Babel entsandte, wo die Konferenz im Einvernehmen aller stattfinden sollte.

 

Doch die Enterprise erreichte Babel erst gar nicht. Vorher stieß sie auf das Wrack des andorianischen Kreuzers Kumari, welcher zusammen mit dem Schiff des andorianischen Botschafters zerstört wurde - offenbar von einem Tellaritenkreuzer, wie das Sensorlogbuch zu belegen schien. Sofort begannen sich Andorianer und Tellariten gegenseitig Vorwürfe zu machen und einander der Lüge zu bezichtigen – die Konferenz war gescheitert, bevor sie beginnen konnte. Wenig später wurde die Enterprise zudem von einem andorianischen Kreuzer grundlos angegriffen. Nur ein glücklicher Zufall, der einen Scan der Antriebssignatur des Angreifers erlaubte und später eine Enterung des unter kurzzeitigen Fehlfunktionen leidenden Kontakts möglich machte, ließ eine perfide Maskerade auffliegen: Die so gut wie unbekannte Supermacht der Romulaner versuchte über ein automatisiertes Tarnschiff, das mittels spezieller Technologie Aussehen und Waffenfeuer anderer Schiffe imitieren konnte, Zwietracht zwischen Andorianern und Tellariten zu säen.

 

Später weitete sich diese Motivation aus, indem die Erscheinung der Enterprise angenommen und ein rigelianisches Handelsschiff vernichtet wurde. Damit war klar, dass die Romulaner nicht bloß einen lokalen Konflikt anheizen, sondern diesen Teil des Alpha-Quadranten ins Chaos stürzen wollten. Captain Archer vermutete, sie treibe die Angst vor einem Zusammengehen von Menschen, Vulkaniern, Andorianern und Tellariten um. Um das Drohnenschiff zu finden, arbeitete sein Erster Offizier ein Sensornetzwerk aus, für das allerdings mindestens 128 Schiffe benötigt wurden – mehr als Sternenflotte und Vulkan alleine zu erübrigen imstande waren. Daher fiel Archer die überaus schwierige Aufgabe zu, alle vier Mächte an einen Tisch zu bringen und, insbesondere bei Andorianern und Tellariten, eine konzertierte Aktion gegen den romulanischen Marodeur zu erwirken.

 

Nach anfänglichen Komplikationen glückte dies, und die erste gemeinsame Flottenoperation der vier Spezies nahm ihren Lauf. Bedauerlicherweise konnte das romulanische Drohnenschiff entkommen. Erst Tage später konnte es zusammen mit einem zweiten Prototyp zerstört werden, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Romulaner ihre Technologie mithilfe eines entführten Aenar bedienten, dem Mitglied einer telepathisch veranlagten Subspezies der Andorianer. Daher konnte die Enterprise ebenfalls die Unterstützung einer Aenar erlangen, die durch eine Telepräsenzeinheit den Marodeur unschädlich machte.

 

 

Ende und Folgen

 

Am Ende der Marodeur-Krise hatten die Romulaner exakt das Gegenteil von dem erreicht, was sie ursprünglich intendierten: Die Bande zwischen den vier Spezies, die auseinanderdividiert werden sollten, wurden gefestigt und das Zustandekommen einer Allianz nachhaltig beschleunigt. Zudem hatten sie, obwohl sie ihre Identität weitestgehend verborgen hielten, auf sich und ihre womöglichen Absichten aufmerksam gemacht.

 

Die Krise an sich verlangte mehrere hundert Opfer aufseiten der Andorianer, Tellariten und Rigelianer, welche vom Agieren des Drohnenschiffes in Mitleidenschaft gezogen wurden. Vor allem aber ging das Ende des Zwischenfalls schwanger mit weiteren Entwicklungen, die sich nun geradezu sprunghaft vollzogen: auf der einen Seite, vor dem Hintergrund der gemeinsamen Bedrohung, der Entstehung einer interstellaren Allianz, welche schon Anfang 2155 in Gespräche über die Gründung einer Koalition der Planeten mündete, auf der anderen Seite – fast zwangsläufig – verstärkten romulanischen Ambitionen, einen derartig konföderativen Überbau um jeden Preis zu verhindern.

 

 

Einordnung

 

Dass die Marodeur-Krise den ersten Schritt in den Mitte 2156 ausbrechenden Irdisch-Romulanischen Krieg (2156-60) darstellte, war zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar. Rückwärtig muss aber festgestellt werden, dass bereits sie ideologische und konkrete machtpolitische Gesichtspunkte aufwies, ohne die das Sternenimperium niemals aktiv geworden wäre. Wenigstens machtpolitische Spannungsfelder verliefen denn auch zwischen Andorianern und Tellariten, deren Vereinigung ein wichtiger Schritt war, um in längerfristiger Perspektive eine Koalition der Planeten möglich zu machen. Sie wiederum war 2160 nicht nur Garant für den Sieg über die Romulaner, sondern ging nur ein Jahr nach Kriegsende in die Gründung der Vereinigten Föderation der Planeten über.

 

 

Referenz

TOS TNG DS9 VOY ENT ST-Romane/Comics
        4x12 The Good That Men Do (ENT)
        4x13  
        4x14