The Left Hand of Destiny #1

Autoren: J.G. Hertzler & Jeffrey Lang
Erscheinungsjahr: 2003
Seitenzahl: 290
Band: Post-DS9

Zeitraum: 1/2376

 

Inhalt

 

Martok, Sohn von Urthog, war sein Leben lang ein Soldat aus der Ketha-Provinz, zusammengehalten von ehernen Prinzipien und wohlwissend, dass zu viel Macht eine Gefährdung eben dieser Prinzipien bedeuten kann, und dann wurde er ihm von seinem Freund Worf eines Tages die Kanzlerschaft des Klingonischen Reichs zugetragen. Nun ist der Dominion-Krieg beendet. Martok hat viel dafür gegeben, damit ein Sieg möglich wurde, und nun spürt er Erschöpfung. Er spürt sie auch deshalb, weil es sich in den letzten Kriegstagen so anfühlte, als hätten klingonische Streitkräfte Schlacht um Schlacht alleine bestritten. Die Verlustliste ist lang, und als Martok mit seinen Sternenflotten-Alliierten inmitten toter Cardassianer auf den lang ersehnten Triumph anstoßen wollte, zeigten sich, kaum war das lange, blutige Ringen vorbei, bereits erste Befremdungserscheinungen und Risse.

 

Alte Schulterschlüsse scheinen morgen vielleicht nicht mehr zu gelten. Der Krieg ist tatsächlich vorüber und ein neues Zeitalter im Anbruch. Martok weiß nicht, wohin es ihn führen wird; er weiß jedoch, dass er bislang ein Kriegskanzler war und nun auf Qo’noS seine gerade gewonnene politische Macht konsolidieren muss – ein Feld, auf dem er zweifellos Nachholbedarf hat. Vorerst geht es zurück in den Schoß seines Volkes, wo ein Leben nun beginnt, das er sich im Grunde seines Herzens nie gewünscht hat und eine Schlacht erwartet, dessen Arena vornehmlich Konferenzräume sein werden. Doch es besteht auch Anlass, der Heimkehr mit Freude und Sehnsucht entgegenzublicken: Martok will zurück in die Nähe seiner zutiefst verehrten Sirella.

 

An der Seite von Worf, des neuen Föderationsbotschafters auf Qo’noS, fliegt Martok erwartungsvoll nachhause. Zunächst verläuft die Ankunft der Negh’Var, seines Flaggschiffs, planmäßig. Kaum ist sie allerdings in den Orbit eingetreten und Martok bereit, von Bord zu gehen, ereignet sich ein Inferno von unfassbaren Ausmaßen: Eine urgewaltige Detonation reißt das Herz des Ersten Stadt in Stücke. In Bruchteilen von Sekunden finden große Teile des Hohen Rats und der politischen Nomenklatura den Tod.

 

Ehe überhaupt abzusehen ist, was gerade passierte, werden alle Frequenzen auf der Oberfläche der klingonischen Heimatwelt von einer Transmission überflutet. Ein Mann namens Morjod bekennt sich zu dem Anschlag und verbindet diese grässliche Offenbarung mit einem feurigen Plädoyer, das klingonische Volk zu seinen Wurzeln zurückführen zu wollen. Morjod vertritt die Auffassung, die Klingonen würden unlängst durch Werte vereinnahmt, die ihnen fremd seien. Martok sei mit seiner Verbrüderung an der Seite der Föderation das beste Beispiel hierfür, den er zusammen mit Worf zu töten gedenkt. Tatsächlich gelingt es Morjod, eine bürgerkriegsähnliche Unruhe heraufzubeschwören und die konservativen Teile der klingonischen Bevölkerung gegen Martok aufzuhetzen.

 

Danach beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen: Die Negh’Var wird angegriffen und zerstört. Martok, Worf und ein großer Teil der Mannschaft gelingt es, sich in eine alte Verteidigungsstellung zu evakuieren und dort einen ersten Überfall durch feindliche Horden abzuwehren. Als der Kanzler jedoch erfährt, dass seine Frau in Morjods Hände gelangt ist und bald exekutiert werden soll, zieht er auf eigene Faust los. Da Worf vorher verwundet wurde, kann er seinen Freund weder aufhalten noch begleiten.

 

Tatsächlich gelingt es Martok, sich bis ins Verließ in der Hauptstadt vorzukämpfen, wo er Sirella findet. Kurz darauf tappt er allerdings in eine Falle und wird selbst gefangen genommen. Das Auftauchen einer Frau namens Gothmara führt zur Klärung einiger längst überfälliger Fragen rund um Morjods Identität: Martok ist offenbar dessen Vater und hat ihn vor der Ehe mit Sirella mit Gothmara gezeugt. Defacto ist Gothmara – eine von Größenwahn zerfressene Wissenschaftlerin – diejenige, welche die Strippen hinter diesem Staatsstreich spielt. Sie verwendet Morjod, um sich nicht nur persönlich, sondern auch ideell an Martok zu rächen. Dies tut sie, indem sie ihren eigenen Sohn mit Hur’q-DNA manipuliert und sich eine gentechnische Armee geschaffen hat, welche die nächste Stufe in der Evolution der klingonischen Spezies einläuten soll…  

 

 

Kritik

 

Mittlerweile wissen wir ja, dass es bei den Klingonen politisch heiß zur Sache gehen kann – übrigens eine große Gemeinsamkeit mit ihren romulanischen Erzfeinden, die sie sich wohl nur ungern eingestehen. Die eigentliche Geschichte um eine weitere innere Zerreißprobe frei nach Redemption wirft einen also nicht unbedingt vom Hocker. Nehmen wir kein Blatt vor den Mund: Teilweise ist sie sogar ziemlich hahnebüchend konstruiert.

 

Nicht nur wird mit der Pulverisierung gleich der halben Ersten Stadt ein wenig dick aufgetragen und einem wieder einmal quasi aus dem Nichts auftauchenden politischen Rivalen zu viel Sand aufgewirbelt, wobei ich – by the way – nicht verstehen kann, wieso es Morjod so leicht gelingt, mit einer bestialischen Tat ein Volk gegen einen an und für sich doch sehr populären Kanzler aufzuwiegeln. Auch den Griff in die Gentechnikkiste, der sich am Ende des ersten Teils von The Left Hand of Destiny zeigt, ist mehr als unglücklich und zeugt von nur geringer plottechnischer Kreativität. Just another Klingon Civil War, und zwar auf Biegen und Brechen. Von der nur schweren Nachvollziehbarkeit von Gothmaras Motiven will ich gar nicht anfangen zu reden.

 

Das alles kann man der Geschichte jedoch verzeihen, denn eigentlich von Anfang an ist klar, dass hier blutige innenpolitische Auseinandersetzungen nur Kulisse, eher ein klingonisches Nebenbeifeeling, sind. Dieser Roman vollzieht sich – vergleichbar mit A Stitch in Time rund um die Figur Garaks – dicht am mentalen Kosmos von Martok und einigen ihm assoziierten Figuren. Dafür sprechen die vielen Träume und Reflexionen, die das wahre Potential des Tandems Lang und Hertzler offenlegen. Ganz ohne Zweifel wäre der Martok-Schauspieler höchstpersönlich nicht in dieses Projekt involviert worden, würde es sich nicht um eine verkappte Biographie des neuen klingonischen Führers handeln; eines Mann, der antrat, um den Klingonen ihre verlorene Ehre zurückzubringen.

 

So rekurriert The Left Hand of Destiny auch im Zusammenhang mit der Person Martok auf eine weltanschauliche Auseinandersetzung um die wahre Ehre, um das Ende der Verleugnung des klingonischen Wesens, welche am Ende der dritten Star Trek-Serie verstärkt thematisiert wurde. Dabei werden die losen Enden des Canon gekonnt aufgegriffen: Der Roman knüpft an die DS9-Episode The Sword of Kahless an, was nicht nur die Hur’q – die einzige Spezies, der je eine Invasion des klingonischen Reichs gelang – zurück auf die Tagesordnung ruft, sondern auch das heilige Schwert und seine Bedeutung für den Fortbestand des Klingonenimperiums.

 

Das Gute ist, dass The Left Hand of Destiny nicht den Fehler begeht, sich in ellenlangen Abhandlungen über die klingonische Ehre zu ergießen. Vielmehr sublimiert das Autorentandem dieses an und für sich Kopfzerbrechen bereitende Thema auf eine persönliche Ebene, indem in der Haut Martoks fühlbar wird, welcher der richtige Weg für die klingonische Zukunft aussehen könnte. Hierbei sind es gerade die Selbstzweifel und Leidensfähigkeit des Kanzlers, die ihn und die Zeichnung seines Charakters authentisch und faszinierend zugleich machen.

 

 

Fazit

 

Lässt man sich also auf eine vortreffliche Charakterstudie des neuen klingonischen Führers ein, bekommt man ein wirklich empfehlenswertes Werk geboten. Ganz ohne Frage wäre ein besserer und weniger vorhersehbarer Politthriller rund um diese Gelegenheit wünschenswert gewesen, aber da zum Ende des ersten Teils noch nicht alle Fragen geklärt wurden, bleibt darauf zu hoffen, dass sich The Left Hand of Destiny #2 im Hinblick auf seine Rahmenhandlung noch etwas wird steigern können.

 

6/10 Punkten.

2-2011