This Gray Spirit

Autor: David R. George III
Erscheinungsjahr: 2002
Seitenzahl: 390
Band: 8.6

Zeitraum: 7/2376

 

Inhalt

 

Nachdem David R. George die Defiant in seinem Megawälzer Twilight in den Gamma-Quadranten auf Explorationsreise geschickt hat – und dort bereits Forschungsgeschichte geschrieben wurde –, geht es nun mit dem zweiten Band This Gray Spirit nahtlos weiter. Ging es kürzlich um die Rettung einer ganzen Zivilisation vor einem tödlichen Energieimpuls, sind die neuen Herausforderungen für das kleine, umgerüstete Sternenflotten-Schiff auch nicht gerade ohne: Die Defiant gerät in die Fänge eines unbekannten Sensornetzes und wird kurzerhand durch Nanobots lahmgelegt. Dankenswerterweise taucht ein Volk namens Yrythny auf und erklärt sich bereit, die Defiant zu ihrem Heimatplaneten abzuschleppen, um sie dort wieder flugtauglich zu machen. Vaughn und seine Mannschaft bleibt kaum eine andere Wahl als einzuwilligen.

 

Bei der Yrythny-Welt Vanimel angekommen, erfahren die Reisenden aus dem Alpha-Quadranten, dass die Yrythny sich einen schwerwiegenden Konflikt mit den Cheka liefern. Letztere sind bestrebt, die Yrythny von anderen Planeten zu isolieren, indem sie Netzwaffen ausgeworfen haben, wie auch die Defiant einer begegnete. Zunächst wird das Bild einer durchaus komplexen neuen Spezies gezeichnet. Die Yrythny sind eine amphibienähnliche Rasse, die zwei verschiedene Kasten mit verschiedenen Rechten und Privilegien aufweist. Weil die eine Kaste, die sogenannten Wanderer, immer wieder benachteiligt werden, herrscht eine äußerst konfliktträchtige Atmosphäre zwischen beiden ethnischen Gruppen.

 

Die Neugier, diese gefährlichen Spannungen besser zu verstehen, lässt Ezri Dax zahlreiche Fragen stellen. Unabsichtlich wird sie bald von den Yrythny als eine Art neutrale Dritte wahrgenommen, die womöglich imstande ist, den drohenden Bürgerkrieg zwischen den beiden Kasten durch Schlichtung abzuwenden. Vaughns Versuche, Ezri eine solche Rolle zu untersagen, sind nicht von Dauer, denn die Yrythny drohen damit, ihre Hilfe bei der Befreiung der Defiant-Systeme von den Nanobots einzustellen. So begeben sich Ezri und Shar auf die Oberfläche Vanimels in dem Bestreben, die Konflikte zwischen den Kasten zu lösen. Dabei zeigt sich, was für eine harte Nuss die neue Diplomatin Dax da zu knacken hat. Shar wiederum setzt sich während seiner Mission mit dem Yrythny-Genom auseinander – und sieht plötzlich die Chance gekommen, die andorianische Rasse vor dem sicheren Untergang zu bewahren.

 

Auf der anderen Seite des Wurmlochs wird indes weiter über den Beitritt Bajors zur Föderation verhandelt. Alles in allem scheint es nur noch wenig Dissens zwischen den Verhandlungspartnern zu geben. Diese gute Ausgangslage ändert sich schlagartig, als wieder einmal Gul Macet auftaucht. Nun bringt er Botschafterin Natima Lang mit, die unbedingt separate Friedensgespräche zwischen Cardassia und Bajor in die Wege leiten möchte, und mit einem Mal gibt es Unruhen auf DS9, die verschärfte Sicherheitsmaßnahmen nach sich ziehen.

 

Schnell wird deutlich, dass nicht nur der Weg für eine friedliche Koexistenz beider Völker sehr lang sein wird, sondern auch Bajors Föderationsbeitritt ist nicht mehr so sehr in trockenen Tüchern wie ursprünglich angenommen. Gerade für Kira als zentrale Entscheidungsträgerin hält diese komplexe politische Gemengelage große persönliche Herausforderungen bereit: Wird es ihr gelingen, die Tür für eine neue Zukunft Bajors und der ganzen stellaren Region aufzustoßen, oder werden sie die Dämonen der Vergangenheit und damit auch ihr einstiger Hass auf die Cardassianer letztendlich einholen?

 

 

Kritik

 

Mit This Gray Spirit wird sowohl die Storyline als auch der Aufbau der Erzählung mit sich abwechselnden Handlungssträngen im Alpha- und Gamma-Quadranten fortgeführt. Da es sich um also um einen weiteren Abschnitt des groß angelegten Mission Gamma-Epos handelt, ist auch die Geschichte dieses Buches solide: sowohl die Abenteuer der Defiant als auch die Handlung rund um den Beitritt Bajors zur Föderation werden vorangetrieben.

 

Nichtsdestotrotz schwächelt diesmal der Gamma-Handlungsstrang: An manchen Stellen zieht er sich derart in die Länge, dass man als Leser die Geduld zu verlieren droht. Zudem hinterlässt die Zeichnung der Yrythny keinen bleibenden Eindruck, und deren zu Beginn beschworener Konflikt mit den Cheka verläuft irgendwann einfach im Sande. Die Lösung, zu der Ezri bei ihrer Vermittlung kommt, ist gelinde gesagt eine Enttäuschung. Interessanter gestaltet sich da schon die Vertiefung der andorianischen Fruchtbarkeitskrise: Wer sich schon lange gefragt hat, wie sich die Andorianer mit einer derartig komplizierten Biologie überhaupt vermehren konnten, findet hier die Antwort.


Letztlich sind jedoch die Geschehnisse im Alpha-Quadranten die wirklich entscheidenden und ungemein spannenderen. Gerade die Situation auf DS9 ist nicht ohne historische Ironien, da sich nun die Situation Cardassias dramatisch gewandelt hat – und es plötzlich an den Bajoranern liegt, ihren einstigen Unterdrückern unter die Arme zu greifen und einen neuen Frieden in der Raumgegend möglich zu machen. Im Brennpunkt steht dabei Kira, die im wahrsten Sinn zwischen Vergangenheit und Zukunft steht.

 

In diesem Roman muss sie dabei eine merkwürdige Feststellung machen: Nicht die Cardassianer stehen einer Friedensinitiative im Weg, sondern die politischen Spitzen ihres eigenen Volkes drücken auf die Bremse und lassen Möglichkeiten ungenutzt, ja verhalten sich sogar grob fahrlässig. Offenbar ist es Kiras einstiger Widerstandschef und Ex-Geliebter Shakaar selbst, der den Friedensprozess durch schleierhafte Argumente und Motivationen blockiert. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, muss Kira erkennen, dass sie mit den Cardassianern auf der Station beinahe besser zurecht kommt als mit den Bajoranern, die sie exkommuniziert haben (siehe Avatar #2). Das macht sie mehr denn je zu einer Grenzgängerin und damit auch zu einer Mittlerin zwischen den Welten.

 

Eine nicht zu unterschätzende Rolle kommt in diesem Roman auch den Bündnispartnern von Shar zu. Nachdem es zunächst aussieht, als könnten sie sich mit Shars Abflug in den Gamma-Quadranten abfinden und versuchen, sich so gut wie möglich in den Stationsalltag einzufügen, gibt es relativ schnell einen schwerwiegenden Vorfall in Quarks Bar. Bei diesem Vorfall zeigt sich, dass Thriss am wenigsten mit der Abwesenheit von Shar umgehen kann. Ihre psychische Instabilität ruft den Counselor Matthias Phillipa auf den Plan.

 

Das wirkliche Manko von This Gray Spirit bezieht sich auf die Verbindung von Charakterentwicklung und Schreibstil. Neben dem politischen Wirrwarr ist vor allem die Weiterentwicklung der Figuren das zentrale Thema. Twilight hatte hier beeindruckende Vorleistungen geliefert. Leider beweist Autorin Heather Jarman kein so feines Gespür für die Charaktere, wie es David George getan hat, und auch nicht dessen empathische Schreibe. Beim Lesen kam ich nicht in den Fluss, ständig holperte ich über die Sätze und die langatmigen und kraftlosen Phrasen.

 

Das führt beispielsweise dazu, dass Ezris große Emanzipationsshow nicht mit derselben Intensität und Glaubwürdigkeit fortgesetzt werden kann wie im vorangegangenen Buch. Ebenfalls eigenartig mutet die Charakterisierung von Nog an, der zuweilen nicht wie der pflicht- und regeltreue Sternenflotten-Offizier erscheint, der er in der Serie und Vorgängergeschichten stets war. Besser gefallen hat mir dagegen die Fortführung der Romanze zwischen Ro und Quark. Sie sorgt für eine gewisse angenehme Leichtigkeit in dem nicht immer ganz fließenden Roman. Sehr gut getroffen ist die Entwicklung von Kiras Figur und ihr Verhältnis zu Gul Macet, mit dem sie sogar Anzeichen einer Freundschaft zu verbinden beginnen. Man könnte sagen, dass die Geschichte vor allem von Kira getragen wird, die sich wie keine andere DS9-Figur fundamental im bisherigen Relaunch gewandelt und weiterentwickelt hat. Dass Taran’atar in This Gray Spirit überhaupt keine Rolle spielt, finde ich schlichtweg bedauerlich.

 

 

Fazit

 

Gegenüber dem Vorgängerroman lässt This Gray Spirit ein Stück weit nach. Das liegt an einer deutlich uninspirierteren Gamma-Handlung sowie an gewissen Schwächen, die Autorin Jarman bei der Zeichnung der Charaktere sowie beim Schreibstil an den Tag legt. Alles in allem immer noch eine gute Geschichte mit Tiefgang; es bleibt allerdings zu hoffen, dass bald wieder das hohe Niveau von Twilight erreicht werden kann.

 

7/10 Punkten.

4-2013