The Next Generation Season 7:

 

Mysteryexperimente, Familiengefühle und Ermüdungserscheinungen

 

Während sich TNG zwischen den ersten drei Staffeln noch in vielerlei Hinsicht umorientierte und austestete, schien die Serie spätestens im vierten Jahr die eigene Form in nahezu perfekter Weise gefunden zu haben. Auf konstant hohem Niveau wurde drei Seasons lang ein inhaltliches und gestalterisches Prinzip durchgehalten. Dieses Prinzip zeichnete sich unter anderem dadurch aus, dass der heilige Grundsatz Gene Roddenberrys - in sich abgeschlossene Episoden - immer mehr aufgeweicht und Bezüge reichhaltiger wurden.

In der siebten Staffel wird diese Entwicklung nicht mehr konsequent fortgeführt. Vielfach begegnen uns wieder klassische Einzelepisoden, wie es sie in der Anfangsphase der Serie gab. Über bestimmte Strecken bekam TNG zwischen der dritten und sechsten Season einen regelrecht "innenpolitischen" Charakter, der Kulturen bekannter Völker (Klingonen, Romulaner, Cardassianer, Bajoraner etc.) oder die Föderation selbst vertiefte. Staffel sieben führt dies nur noch sehr bedingt fort und verschreibt sich stattdessen wieder erheblich stärker dem Kontakt mit neuen, fremdartigen Lebensformen, die öfter als früher feindselig sind (besonders jene, die phasenverschoben daherkommen).

 

Eine weitere auffällige stilistische Veränderung ist die deutlich stärkere Integration des Mystery- und Horrorgenres in die Serie, wofür Episoden wie Das Interface, Traumanalyse, Ort der Finsternis, Ronin, Der Komet, Der Fall 'Utopia Planitia', Genesis und Neue Intelligenz stehen. So erscheint die Serie insgesamt düsterer, bedrohlicher und gruseliger und baut Elemente stark aus, die in einigen früheren Folgen (z.B. Der unbekannte Schatten, Augen in der Dunkelheit, In den Subraum entführt) vertreten waren.

Im Gegensatz zu früheren Staffeln, wo noch das streng rationale Element vorherrschend war, werden im Finaljahr seltener alles enthüllende, durch und durch logische Erklärungen gegeben, und der Zuschauer wird öfter im Dunkeln gelassen. Bezeichnend ist, dass absurde und mysteriöse Settings im Mittelpunkt stehen, die die Charaktere in ungewohnte Situationen katapultieren. Diese charakterliche Veränderung von TNG ist sicher wesentlich auf den gestiegenen Einfluss Brannon Bragas und seine niemals verhohlene Liebe für Haunted House-Stories zurückzuführen. Dabei fällt gelegentlich auf, dass bestimmte Episoden Ideen früherer Folgen aus den TNG-Anfangsjahren recyceln - das beste Beispiel hierfür ist Neue Intelligenz. Schade ist, dass die verstärkte Orientierung in Richtung Horror und Grusel den Spielraum für stark moralisch geladene Episoden, wie wir sie aus früheren Jahren kennen, erkennbar schmälert.

 

Was die oftmals interessant, zuweilen verstörend in Szene gesetzten, aber inhaltlich nicht immer überzeugenden Episoden aufwertet, ist, dass die familiäre Verbundenheit unter den Stammcharakteren so stark wie nie ist – längst vergessen ist der militärische Duktus Picards aus den ersten TNG-Folgen –, und auch bei den Beziehungen der Charaktere tut sich nach Jahren weitgehender Stagnation endlich wieder etwas. Zu nennen wären hier vor allem die romantische Annäherung von Deanna Troi und Worf, aber auch die seit der ersten Staffel nur zaghaft behandelte verschwiegene Liebe zwischen Beverly Crusher und Jean-Luc Picard. Ihr besonderes Verhältnis kam bislang kaum über ihr gemeinsames Frühstück und ein paar spätabendliche Gespräche hinaus. Um den Abschlusscharakter der siebten Staffel zu betonen, tauchen Figuren wie Wesley Crusher und Ro Laren ein letztes Mal auf, was hier gut funktioniert.

Dabei wird dem Zuschauer umso bewusster, dass eine Person fehlt, die sich in den letzten Jahren zum Grundinventar der Enterprise gemausert hat: Barkeeperin Guinan wird schmerzlich vermisst. Dafür ist es den Drehbuchautoren nach sechs eher problematischen Staffeln endlich gelungen, Deanna Troi fast durchgehend sinnvoll in die Geschichten zu integrieren und ihre Figur (samt regulärer Offiziersuniform) deutlich reifen zu lassen. Dies kommt zwar spät, löst aber den letzten (verbliebenen) Problemcharakter zu einem vollwertigen Mitglied der Protagonisten auf. Wer hingegen an Ausstrahlung in der siebten Staffel verliert, ist Riker. In mehr als einer Episode wirkt er wie die ewige Nummer eins, die keinerlei Ambitionen mehr auf ein eigenes Kommando hat. Je länger Rikers Bart wurde, desto mehr Frische und Vitalität ging ihm offenbar verloren.

 

Im Gegensatz zu den Staffeln vier bis sechs, die ihre jeweils eigenen Highlights zu bieten haben, wird in Staffel sieben zwar - jedenfalls bei der Darstellungsform der Episoden - mithin einiges gewagt, aber die Resultate sind oftmals mittelmäßig. Ohne Frage ist der bemerkenswerte Höhepunkt das großartige Gestern, Heute, Morgen, dem es gelang, das über sieben Jahre sorgsam definierte Wesen der Serie aufzugreifen und in einer großen Zeitparadoxon-Geschichte zu verarbeiten. Das war ebenso simpel wie genial, denn hier bot sich die Möglichkeit, einen Blick zurück und zugleich nach vorn zu werfen. Die lieb gewonnenen Protagonisten wurden gebührend verabschiedet, Q konnte sich noch einmal prächtig in Szene setzen, sogar Humor war im Spiel. Was will man mehr für ein Finale?

Ansonsten bot die Doppelfolge Der Schachzug erfrischende Konstellationen und eine solide Handlung. Zu den überdurchschnittlichen Episoden zählen sicherlich Worfs temporales Abenteuer in Parallelen, Das Pegasus-Projekt, in dem die Problematik eines die Föderation benachteiligenden Friedensvertrags mit den Romulanern angerissen wird, und Die Rückkehr von Ro Laren, die gerade das gewachsene persönliche Verhältnis zwischen der Bajoranerin Ro und Picard herausstellt.

Ein besserer Schlussspurt wäre für TNG aber sicher möglich gewesen. Vermutlich ist der Qualitätsabfall auch mit den Vorbereitungen des siebten Kinofilms zu erklären, dessen Dreharbeiten ja zur Zeit der siebten Staffel in den Startlöchern standen.

 


Gesamtbeurteilung: TNGs letzter Spurt stimmt vor allem dank eines großartigen Finales und charakterlichem Tauwetter zufrieden. So versöhnlich sich die Serie verabschiedet, zeigt sie jedoch auch einige Ermüdungserscheinungen. Es ist, wie der Titel der letzten Folge im englischen Original besagt: All good things (must come to an end).

 

 

Anmerkung: Die Gesamtbeurteilung ist keine bloße Addition aller Einzelbewertungen, sondern gewichtet prominente bzw. staffelbezeichnende Episoden stärker.

 

 

Einzelbewertung:

7.01

Angriff der Borg (2) [B]

7.02

Indiskretionen

7.03

Das Interface

7.04

Der Schachzug (1)

7.05

Der Schachzug (2)

7.06

Traumanalyse

7.07

Ort der Finsternis

7.08

Kontakte

7.09

Die Raumkatastrophe

7.10

Soongs Vermächtnis

7.11

Parallelen

7.12

Das Pegasus-Projekt

7.13

Die oberste Direktive

7.14

Ronin

7.15

Beförderung [C]

7.16

Radioaktiv

7.17

Der Komet

7.18

Der Fall 'Utopia Planitia'

7.19

Genesis

7.20

Am Ende der Reise [C]

7.21

Ritus des Aufsteigens

7.22

Boks Vergeltung

7.23

Neue Intelligenz

7.24

Die Rückkehr von Ro Laren [C]

7.25

Gestern, Heute, Morgen (1)

7.26

Gestern, Heute, Morgen (2)

B = Borg-Folge, C = Cardassianer-Folge

 

Legende

Outstanding Episode (Prädikat: besonders wertvoll)
gute bis sehr gute Episode
durchschnittliche Episode
schlechte Episode
hundsmiserable Episode (Fremdschämen und/oder zu Tode langweilen garantiert)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hinweis: Sämtliches in diesem Artikel verwendetes Bildmaterial entstammt www.trekcore.com (öffentlich verfügbare Screencaps)

 

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