The Long Mirage

Autor: David R. George III
Erscheinungsjahr: 2017
Seitenzahl: 400
Band: DS9 Post-Season-9/Post-Destiny 15

Zeitraum: 1/2386

 

Inhalt

 

Nach dem Neubau von DS9 nach Sternenflotten-Standard laufen im Quark's die Holosuiten wieder ordnungsgemäß, und auch das Las-Vegas-Programm mit Vic Fontaine ist erneut in die Datenbanken eingespeist worden. Doch irgendetwas ist merkwürdig: Vic scheint verschwunden zu sein. Kurz darauf findet Nog Hinweise darauf, dass er in seiner holographischen Realität in handfeste Schwierigkeiten geraten ist. Zusammen mit einem Kollegen, Lieutenant Candlewood, macht sich Nog im Programm auf die Suche nach ihm, um ihm aus der Patsche zu helfen.

 

In etwa zur gleichen Zeit brechen Ro Laren und Quark auf, um nach Morn zu suchen, der ebenfalls verschollen gegangen ist. Während ihrer Reise kommen beide nahezu unvermeidlich auf ihre gemeinsame Zeit zu sprechen und wie es mit ihnen weitergehen soll. Und auf Bajor versuchen Kira Nerys und Altek Dans herauszufinden, wieso die Propheten sie zurückgeschickt haben.

 

Außerdem kehrt Odo zur Station zurück – unter anderem auch, um die seit langem vermisste Kira wieder zu sehen, aber auch aus wesentlich praktischen Gründen. Als dann kurz darauf ein Schiff aus dem Wurmloch kommt, das etliche Flüchtlinge aus dem Dominion an Bord hat, sieht er sich auf einmal als unerwarteter Fürsprecher dieser Personen, unter denen sich auch abtrünnige Jem’Hadar befinden…

 

 

Kritik

 

Ohne Frage: Vic Fontaine war eine Kultfigur in den letzten Seasons von DS9. Der holographische Sänger war mit seiner kauzigen Art für nicht wenige Serienhelden ein mit allen Wassern gewaschener Lebensratgeber. Im DS9-Relaunch war er jedoch so gut wie kein Thema, und dann wurde die alte Station schließlich von radikalen Kräften des Typhon-Pakts zerstört (siehe Plagues of Night). Besser zu spät als nie wird Fontaines Schicksal auf der neuen DS9 weitergesponnen. Nun sitzt er also in seinem Programm fest und hat mit einigen Problemen der Mafioso-Sorte zu kämpfen. Ehrensache, dass Nog und seine Freunde ihm hier zur Seite springen wollen.

 

Das ist jedoch beileibe nicht die einzige Handlung des Romans. Dieser fokussiert sich auf sage und schreibe vier Handlungsebenen, wobei zwei von diesen teilweise zusammenhängen und die anderen beiden eigenständig stehen. Neben Nogs Suche nach Fontaine nimmt die Suche nach Morn – der ebenfalls und schon wieder einmal verschwunden ist – einen Teil des Buches ein. In dem Fall begeben sich Quark und Ro auf die Suche nach ihm. Diese Gelegenheit können sie trefflich nutzen, um sich in Bezug auf ihre Beziehung auszusprechen. Die dritte Geschichte ist die Zusammenführung von Altek Dans und Kira, die ja im Wurmloch Geliebte waren. Plot vier handelt von Odo und seiner Rückkehr.

 

Keiner der Plots war in irgendeiner Weise spannend oder originell; alles plätschert vor sich hin. Vic Fontaines Geschichte mag in The Long Mirage zu einem Abschluss gebracht werden, aber definitiv auf Biegen und Brechen. Hinzu kommt, dass die Rettungsbemühungen von Nog und Candlewood Glaubwürdigkeit vermissen lassen, da beide Männer sich über Tage hinweg in der Holosimulation aufhalten, ohne auch nur Nahrung zu sich zu nehmen.

 

Auch wenn es sicher nett ist, Fontaine noch einmal zu erleben, muss man sich doch die Frage stellen, ob es so eine Gravitas hat, dass er am Ende nicht überlebt. Im Gesamtkontext ist das doch höchstens Beiwerk. Fontaine war zwar ein prägnantes Aushängeschild von DS9 (eines von vielen wohlgemerkt!), aber nie derart als eigenständige Figur in der Serie präsent, dass sein Ableben eine herausgehobene Bedeutung hätte. Erst recht nicht nach dem, was wir bis hierhin schon alles an einschneidenden Verlusten und Veränderungen erlebt haben.

 

Die Morn-Handlung enthält zwar interessante Elemente – Morn ist auf der Suche nach einer Kopie des mobilen Emitters des Holo-Docs (Verknüpfung mit dem Handlungsstrang um Vic) –, doch hier dominieren immer mehr Quark und Ro mit ihrem eigenen Techtelmechtel; man möchte beinahe ein wenig von Plotverschleppung sprechen. David George ergießt sich in einer Rekapitulation ihrer gemeinsamen Vergangenheit, ohne etwas Neues anzustoßen. Ro will zwar dauernd mit ihm reden und es wieder gut machen, am Ende fällt das aber sang- und klanglos unter den Tisch und wird nicht mehr hervorgeholt.

 

Potenziell interessanter ist da schon der Handlungsfaden rund um Kira und Altek. Auf Bajor und der Station gibt es weiterhin Ärger wegen der Schriften, die Kira vor einer Weile gefunden hat und deren Interpretation für einige Bajoraner den göttlichen Charakter der Wurmlochbewohnter in Frage stellte. Kira trifft auf DS9 auf einen alten Bekannten, an den sie fragmentarische Erinnerungen hat, weil sie in der Vergangenheit in einer anderen Identität seine Gefährtin gewesen zu sein scheint. Auf jeden Fall scheinen die Propheten ihr beider Auftreten auf der Station zu dieser Zeit bewusst bedingt zu haben – was die Dynamik des religiösen Konflikts stark verändern könnte.

 

In diesem Handlungsplot gibt es eine Menge Rekapitulation, aber immerhin gelingt es George, deutlich zu machen, wie stark die bajoranische Bevölkerung durch die Ereignisse und Entdeckungen der jüngsten Zeit geprägt wurde. Über allem schwebt die Unsicherheit von Kira und Altek, welche Rolle die Propheten ihnen in diesen unruhigen Zeiten zugedacht haben. Diese ominöse Atmosphäre mündet jedoch auch mehr oder minder ins Nichts, was die Enttäuschung umso größer ausfallen lässt.

 

Nachdem sich Altek zurückzieht, stellt sich die Frage, warum man seine Story so aufgebaut hat, wenn er nun wieder in der Versenkung verschwindet? Abgesehen davon: War es nicht etwas brutal von den Propheten, ihn aus seinem Universum zu reißen, nur damit er den Gläubigen auf Prime-Bajor eine Botschaft übermitteln kann, um Kira einen Gefallen zu tun? Sollte er nicht einfach ins Wurmloch zurückkehren, auf dass er wieder in sein Universum versetzt wird? Und seit wann können die Propheten auch noch fremde Universen anzapfen? Fragen über Fragen und keine zufriedenstellenden Antworten.

 

Der vierte Plot um Odo sauft im Roman regelrecht ab, daher kann man ihn schwerlich als eigenständigen Storyfaden bezeichnen. Ein paar Auftritte hat er Formwandler, bei denen er mit einem Dominion-Raumschiff umgehen muss. Die Möglichkeiten dieses Plots wurden inmitten einer Geschichte, die an viel zu vielen Fronten gleichzeitig spielt und dabei noch falsche Prioritäten setzt, vollkommen verschenkt. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang aber, dass die Nebenhandlung um Dominion-Flüchtlinge interessanter ist als das Ganze religiöse Gebaren um das Gerüst auf Bajor. Immerhin darf sich Odo mit Kira am Ende wieder stärker annähern. Die ganze Idee, dass Kira aufgrund ihrer ausgedehnten Visionen um Bajors Vergangenheit mit Altek verbandelt ist, hat mir so gar nicht behagt.

 

David George greift in The Long Mirage auf zahlreiche Ereignisse und Plots zurück, die teilweise bereits mehrere Jahre alt sind. Dadurch fühlt sich der Band allerdings auch ein wenig wie ein 'Bye, bye, DS9' an, weil erkennbar wird, wie viele Handlungen zu einem Ende gebracht wurden. Schon in Plagues of Night/Raise the Dawn, Revelation and Dust und The Missing hatte ich eindeutig zu viel an retrospektivem Rückspiegel bei nicht voll oder gar nicht überzeugender Gegenwartshandlung. Unter dem Strich kann ich kaum mehr als ein extrem langweiliges (!) Nostalgie- und Revue-Buch darin sehen sowie einen inzwischen (bedenkt man andere Bücher insbesondere von George, die sich in Rückblicken ergossen) sehr, sehr lange geratenen Abschied.

 

Einmal mehr frage ich mich, wieso der DS9-Relaunch so schrecklich lange mitgeschleift und nicht einfach zu einem früheren Zeitpunkt hätte schön und bündig beendet werden können? Dabei wäre es auch nicht schlimm gewesen, wären ein paar Fragen oder Figurenplots offen geblieben.

 

 

Fazit

 

The Long Mirage wirkt auf mich wie ein lang gezogener Epilog zum DS9-Relaunch. Viel zu deutlich wird, dass die Figuren nur noch in der Vergangenheit leben und mittlerweile die Ideen fehlen, um die Geschichte nennenswert voranzutreiben. Entsprechend zerfasert und uninspiriert wirkt die Erzählung. Ein Roman, den man sich sparen kann.

 

3/10 Punkten.

10-2022