Disavowed

Autor: David Mack
Erscheinungsjahr: 2014
Seitenzahl: 350
Band: DS9 Post-Season-9/Post-Destiny 14

Zeitraum: 1/2386

 

Vorbemerkung

 

Seitdem Sektion 31 erstmals in der DS9-Episode Inquisition in Erscheinung trat, ist die geheimnisvolle Organisation nicht mehr wegzudenken. Auch die Star Trek-Romane beschäftigten sich wiederkehrend mit der dubiosen Spionageabteilung. Hierzu gab es mit der Reihe Section 31 einen losen Verbund von Romanen, die zu verschiedenen Zeiten bzw. in verschiedenen Settings das Auftauchen und die Interventionen des Geheimbundes thematisierten. Diese Romane gehörten zugleich zu unterschiedlichen übergeordneten Roman-Reihen (Einzelromane zu TOS, TNG und VOY, DS9-Relaunch). Disavowed und der unmittelbare Nachfolger Control bilden den Abschluss der Section 31-Erzählung.

 

 

Inhalt

 

Julian Bashirs Karriere als Sternenflotten-Offizier ist zu Ende. Nach der Rettung des andorianischen Volkes aus dessen Fertilitätskrise wurde der einstige Chefarzt von DS9 unehrenhaft aus dem Dienst entlassen. Infolge der Ereignisse der The Fall-Reihe hat sich Bashir inzwischen auf Andoria - wo er eine Art Heldenstatus genießt - eingelebt, und der gute Doktor möchte nun scheinbar eine eigene kleine Praxis eröffnen.

 

Tatsächlich hat er sich zusammen mit seiner Lebensgefährtin Sarina Douglas jedoch in den Kopf gesetzt, eine nächste große Operation ins Auge zu fassen. Dabei stapelt er nicht zu niedrig: Er will Sektion 31, mit der er allzu oft verstrickt war und die er als Krebsgeschwür der Föderationsgesellschaft erachtet, ein für allemal zur Strecke bringen und auflösen. Daher haben Bashir und seine Partnerin Versuche unternommen, die Sektion zu infiltrieren, was letzerer durchaus bekannt ist. 

 

So kommt es an und für sich sehr gelegen, dass die ruchlose Geheimorganisation schon bald wieder an ihn und Douglas mit einem äußerst delikaten Auftrag herantritt. Nachdem die beiden bereits vor ein paar Jahren erfolgreich gegen die Breen-Konföderation im Einsatz waren (siehe Roman Zero Sum Game), sollen sie jetzt erneut sicherstellen, dass ein besonderer Coup der Breen fehlschlägt. Diese sind an einer Technologie aus dem Spiegeluniversum interessiert, die ihnen innerhalb des Typhon-Paktes eine herausragende Stellung verschaffen soll. Zu diesem Zweck dringen sie in das Paralleluniversum vor und richten dort einiges an Chaos an. Da ein Erfolg das fragile Gleichgewicht der Kräfte im normalen Universum durcheinanderbringen würde, liegt es an Bashir und Douglas, die Breen aufzuhalten.

 

Mit einer Kommandoeinheit der Sektion 31 begeben sich die beiden auf die andere Seite, wo sie über Bajor die dortige Version der Enterprise vorfinden. Sie befindet sich vor Ort, weil es dort, am Bajoranischen Wurmloch, zu Verhandlungen zwischen den Mitglieder der neu entstandenen Allianz und den Dominion kommen soll.

 

Während der dramatischen Mission setzt Bashir alles daran, diese zu einem Erfolg zu führen, weiß er doch, was auf dem Spiel steht. Dann möchte er sich um Sektion 31 kümmern. Ungünstigerweise hat ihr Auftraggeber ihr Ableben insgeheim schon eingeplant, da Bashir der Sektion im Laufe der Zeit zu lästig geworden ist…

 

 

Kritik

 

Seit Serienzeiten sind die Verwicklungen Julian Bashirs mit dem gewissenlosen Geheimbund Sektion 31 ein Thema, und auch im DS9-Relaunch ließ ihn der Mann namens Cole (Luther Sloans Nachfolger) niemals los (angefangen mit Abyss). Auch in The Fall hatten sie miteinander zu tun, doch Bashir fand zur Erkenntnis, dass es an ihm ist, die Sektion 31 endgültig zu Fall bringen, auch wenn das ganz sicher ein extrem ambitioniertes Unterfangen ist. Einstweilen lässt er sich hier zusammen mit Sarina Douglas noch einmal auf eine Geheimoperation für die Schattenabteilung ein. Doch diesmal agieren sie nicht im Prime-, sondern im Paralleluniversum.

 

Eigentlich haben wir diese verdrehte Dimension insbesondere in DS9 zuhauf kennengelernt, und seien wir ehrlich: Irgendwann war es einfach ein wenig zu viel des Guten, immer unsere vertrauten Helden in der Rolle von Bösewichtern oder Rebellen zu erleben. David Mack beabsichtigt jedoch nicht, bei diesem alten Status quo stehen zu bleiben.

 

Der Autor entwickelt das gesamte Setting erheblich weiter und gestaltet die politische Landschaft um. So schildert Mack zu Beginn des Romans den Auftakt eines diplomatischen Erstkontakts zwischen der Spiegeluniversums-Föderation (die sich geschichtlich ganz anders entwickelt hat und sich Commonwealth nennt) und dem Spiegeluniversums-Dominion. Daraus entwickelt sich ein ungewohntes, neues Spielfeld, das mit altbekannten wie neuen Gesichtern bevölkert ist.

 

Inmitten dieses neuen Szenarios platzen Bashir, Douglas sowie ihre S31-Unterstützung hinein – und natürlich auch die Breen-Invasoren. Deren Auftritt ins überzeugend, denn nicht nur erfahren wir weitere faszinierende Dinge über die Breen-Spezies; sie erweisen sich auch als kompetent und verschlagen. Zwischen den Breen, der Auseinandersetzung mit den Spiegelbekannten und der volatilen politisch-diplomatischen Mission gibt es viel Raum für Verwicklungen, Spionage und Gegenspionage, Widerlegungen von Vorannahmen und vielem mehr.

 

Der Aufbau des Romans zeugt von Scharfsinnigkeit und Professionalität. Ständig baut David Mack bei den Breen eine gewisse Anspielung an, mit der man zunächst nichts anzufangen weiß. Dann entpuppt sich eine dramatische Plotwende, welcher die gesamte Handlung in eine neue Richtung lenkt und für weiterführende Erkenntnisse sorgt. So ist es eine Stärke des Buches, dass es gespickt ist mit Überraschungen und insgesamt schwer vorhersehbar.

 

Vielleicht noch ein Wort zu Bashir: Die Entwicklung seines Charakters und sein Umgang mit Gewalt sind zwar erklärbar, aber vor dem Hintergrund der Serienerfahrung dennoch gewöhnungsbedürftig. Zwar hat Bashir in der Zwischenzeit eine Menge schlimmer Dinge erlebt und ist insgesamt härter geworden, aber trotzdem ist seine Handlungsweise gelegentlich etwas zu extrem. Er geht mit einer unbarmherzigen Entschlossenheit gegen seine Feinde vor, die nicht mehr viel vom einstmals so idealistischen und gutherzigen Chefmediziner von DS9 erkennen lässt. David Mack hat als Freund düsterer Genreentwürfe sicher nichts dagegen einzuwenden, ich jedoch schon. Dies hat mich dann in diesem Buch mit am meisten gestört.

 

 

Fazit

 

David Mack hat ein spannendes Bashir/Sektion 31-Abenteuer unter Einbeziehung des Paralleluniversums geschrieben, wo er sich jede Menge kreative Freiheit nimmt. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung, die unter dem Titel Section 31: Control angekündigt ist.

 

7/10 Punkten.

10-2022