2346: Khitomer-Massaker

 

 

Das Khitomer-Massaker von 2346 stellt einen Höhepunkt und Abschluss des zwei Dekaden dauernden Betreka-Nebel-Zwischenfalls (2328-46) dar. Ihm voraus gehen tief greifende Verwerfungen zwischen den großen Mächten im Alpha- und Beta-Quadranten, wobei zuletzt das Romulanische Sternenimperium den offenen Konflikt mit dem Klingonischen Reich sucht. Bereits zwei Jahre zuvor überfallen romulanische Warbirds die klingonische Niederlassung auf Narendra III (2344). Das Massaker von Khitomer, welches selbst überschattet ist von einer innerklingonischen Verschwörung, zementiert die Feindschaft zwischen beiden Völkern sowie die bereits eingesetzte Annäherung von Föderation und Klingonen.

 

 

Hintergrund

 

Die Rückmeldung der Romulaner nach ihrer zweiten Isolationsphase erfolgte, indem der endgültige Bruch mit dem Klingonischen Reich gesucht wurde. Im Rahmen der Spannungen, die der Betreka-Nebel-Zwischenfall (2328-46) zwischen den großen Blöcken im intergalaktischen System verursacht hatte, hoffte Romulus offenbar auf einen bald einsetzenden Krieg zwischen Cardassianern und Klingonen. Damit hätten sich zwei zentrale Rivalen und Großmächte im Quadrantengefüge gegenseitig zerlegt und das Sternenimperium in eine prominente Stellung versetzt, sich über klingonische Gebiete herzumachen. Vor diesem Hintergrund kann der Angriff auf Narendra III erklärt werden, welcher aber letztlich nicht von Erfolg gekrönt war, weil erstens der erhoffte Krieg zwischen Cardassianern und Klingonen ausblieb und zweitens unbeabsichtigt eine massive Annäherung der Föderation und Klingonen ausgelöst wurde.

 

Umso mehr stellt sich die Frage, was die Romulaner zwei Jahre nach Narendra mit ihrem Angriff auf Khitomer bezweckten. Hier konkurrieren verschiedene Erklärungsmuster miteinander:

 

 

  • Eine gängige Theorie lautet, dass die Romulaner 2346, als die Gefahr eines klingonisch-cardassianischen Kriegs kurzzeitig wiederaufflammte, eine zweite Chance witterten, dem ursprünglichen Plan doch noch zum Erfolg zu verhelfen und dem Reich eine Reihe von Gebieten dauerhaft abspenstig zu machen. Mit einer gezielten Offensive im Khitomer-System wollten sie, möglicherweise als erster Schritt in einem längerfristigen Vorhaben, die Versorgungsrouten der Klingonen abschneiden. Da jedoch der Krieg der beiden anderen Mächte wie 2344 nicht einsetzte, hatte sich das Imperium erneut verkalkuliert.

 

  • Eine andere Theorie besagt, dass der Angriff auf Khitomer weit weniger strategisch war als vermutet werden könnte. Ihr zufolge stand der damalige Prätor innenpolitisch stark unter Druck und suchte, in der Hoffnung, bald seien Qo'noS und Cardassia ohnehin in einem schrankenlosen Krieg verwickelt, nach einem kurzfristigen Erfolg. Da viele im Volk seit der Peinigung in der Schlacht von Klach D'Kel Brakt (2271) immer noch auf Rache aus waren und die Klingonen trotz des Neutralitätsabkommens von 2311 stets zentrale Feindbilder geblieben waren, konnte sich die romulanische Regierung im Falle eines Erfolgs nationaler Euphorie sicher sein.

 

  • Ein weiterer Erklärungsansatz besagt, dass die Romulaner unter falschen Annahmen zu einer Attacke auf Khitomer verleitet wurden. Hier wird der cardassianische Obsidianische Orden ins Spiel gebracht, der versucht haben könnte, den Betreka-Nebel-Konflikt mit Qo'noS zu beenden, indem er die Romulaner mit gefälschten Informationen zur Auslöschung der Khitomer-Kolonie bewegte. Es ist zumindest vorstellbar, dass dem Imperium der Eindruck erweckt wurde, die Klingonen arbeiteten auf Khitomer heimlich an einer neuen Waffe, deren Fertigstellung durch einen präventiven Schlag unterbunden werden müsse. Für diese These spricht, dass sich die Romulaner nach der Zerstörung der Kolonie sofort in ihren Raum zurückzogen, also möglicherweise nie vorgehabt hatten, das System zu erobern.

 

 

Massaker und Verrat

 

Beim Angriff auf Khitomer kamen zum ersten Mal die neuen Warbirds der imperialen Kriegsmarine zum Einsatz. Unter Verwendung einer verbesserten Tarnvorrichtung konnten sie bis unmittelbar zur Kolonie vorstoßen und begannen ein massives orbitales Bombardement, das überraschend problemlos die Schilde der Kolonie durchdrang. Anders als während des Narendra-Zwischenfalls konnte diesmal kein Föderationsschiff rechtzeitig eintreffen, um den Außenposten zu verteidigen. Bei der Attacke wurde die Niederlassung verwüstet und beinahe alle viereinhalbtausend klingonischen Kolonisten getötet.

 

Das erste Schiff, das am Unglücksort eintraf, war erneut ein Kreuzer der Sternenflotte. Die U.S.S. Intrepid hatte sich gerade noch in Sensorreichweite befunden, als der Angriff erfolgte. Als sie Khitomer erreichte, hatten sich die Romulaner bereits zurückgezogen. Das Außenteam konnte nur mehr zwei Überlebende bergen: den Jungen Worf und seine Amme Kahlest. Die Intrepid brachte beide zur Sternenbasis 24.

 

Wie sich erst zwei Dekaden später herausstellen sollte, wurde der Angriff ermöglicht durch Ja'rod, dem Vater von Ratsmitglied Duras, der kurz vor der Attacke eine Nachricht an die romulanischen Schiffe schickte. Diese enthielt die Schildcodes der Kolonie. Als die klingonische Führung diese erschreckende Wahrheit aus der Datenbank eines erbeuteten romulanischen Schiffes erfuhr, geriet sie in ein Dilemma: Das Haus Duras war inzwischen politisch sehr einflussreich geworden; würde man Ja'rod dieses Verbrechens anklagen, müssten auch seine Söhne dafür geradestehen. Das jedoch hätte die Gefahr eines klingonischen Bürgerkriegs mit sich gebracht. Der Hohe Rat entschied deshalb 2366, die Beweise zu fälschen und die Schuld Mogh, Vater von Worf, unterzuschieben, da man nicht damit rechnete, dass der in der Sternenflotte dienende Klingone Einspruch erheben würde - was er entgegen aller Erwartungen schließlich tat.

 

Nachdem Worf die Wahrheit um Ja'rods Verrat aufdeckte, stimmte er zu, sich entehren zu lassen, um so das Klingonische Reich vor einer inneren Zerreißprobe zu schützen. Lediglich Kanzler K'mpec, Ratsmitglied Duras, Worf und Captain Picard kannten die Wahrheit hinter den Kulissen. Bereits ein Jahr später kam es allerdings doch zum klingonischen Bürgerkrieg (2367/68).

 

 

Folgen

 

Am Ende des Tages, an dem das Khitomer-Massaker stattfand, entstand eine politische Konstante in den interstellaren Beziehungen, die vorhalten sollte: die erbitterte Feindschaft zwischen Klingonen und Romulanern. Traditionell war das Verhältnis beider Welten immer schlecht gewesen, doch seit dem Tomed-Zwischenfall (2311) hatte immerhin durchgehend eine formal lose Allianz bestanden, die nun definitiv der Vergangenheit angehörte. Die Hoffnungen des Sternenimperiums auf einen Krieg zwischen Cardassia und Qo'noS erfüllten sich erneut nicht; stattdessen trieb man durch übereilten Aktionismus auch mit dem Angriff auf Khitomer die Klingonen weiter in die Arme der Föderation.

 

Obwohl die Klingonen so durch den romulanischen Überfall in der Planetenallianz einen festen Verbündeten gewannen und in eine strategisch vorteilhafte Position rückten, war das nur ein geringer Trost für den langen Schatten, der mit dem Khitomer-Massaker auf die innerklingonische Einheit fiel. Der Verrat von Ja'rod würde die klingonische Politik hinter den Kulissen noch eine lange Zeit beschäftigen. Er war ein ebenso mächtiges wie erschreckendes Symbol für die von Korruption und Machtgier zerfressene Führungselite, die sich inzwischen an der Spitze des Reichs eingerichtet hatte und kaum noch um Ehrideale, wie sie Kahless dereinst propagiert hatte, scherte.

 

 

Referenz

TOS TNG DS9 VOY ENT ST-Romane/Comics
  1x20   6x14   Act of Treason (STC)
  1x26       The Art of The Impossible (Lost Era)
  3x17        
  4x07        
  4x26        
  5x01        
  6x16        
  6x17