22. Jahrhundert: Die Sternenflotte konstituiert sich

 

 

In der zweiten Hälfte des 22. Jahrhunderts machte die irdische Sternenflotte ihre ersten Erfahrungen im Weltraum - und wurde prompt in einen Strudel von Ereignissen galaktischer Tragweite hineingezogen. Diese Ereignisse machten ihr neben der betriebenen Exploration nicht nur die Bedeutung des militärischen, sondern auch des diplomatischen Elements bewusst und führten im Laufe von gerade einmal zehn Jahren zu ihrer völligen Umstrukturierung.

 

 

Aufbau und Konsolidierung

 

Offiziell entstand die Sternenflotte im Jahr 2135. Dieser Gründungsakt geschah parallel mit der Einrichtung der ersten übernationalen Weltregierung und der Vereinigten Erde als suprastaatliches Konstrukt (2135-47). Weil die Nationalstaaten überein gekommen waren, zahlreiche Ebenen in den Kompetenztransfer an die Vereinigte Erde einzubeziehen - ein Schritt, wie man ihn sich vor dem Dritten Weltkrieg (2026-53) nicht hätte vorstellen können -, entschied ein internationales Gremium über die Initiierung mehrerer supranationaler Institutionen. Im militärischen Bereich wurde je eine Sammlungsorganisation für Bodentruppen, Luft- und Marinestreitkräfte sowie Weltraumeinheiten gegründet. Letzterer wurde die Bezeichnung 'Sternenflotte' zuteil.

 

Nun kann man sagen, dass der vulkanische Beirat auf der Erde seinen Einfluss geltend machte, um diese Fusions- und Neugründungsprozesse zügig durchzuführen. Die Kooperation mit der Erde, hieß es, sei besser durch eine transparente Struktur mit klaren Ansprechpartnern zu erwirken. Das traf nach den Erfahrungen dreier globaler Konflikte auf der Erde auf große Zustimmung bei Politik und Bevölkerung, ging jedoch auch mit starken wirtschaftlichen Regulierungsprozessen einher.

 

Die Sternenflotte wurde, im Hinblick auf ihre Aufgaben, zunächst als weitenteils exploratives Unterfangen mit an der militärischen Hierarchie orientiertem Aufbau ausgewiesen und sollte die bereits existierende UESPA (zuständig für zumeist unbemannte Weltraumerkundung inklusive Flugkontrolle und Koordination für zivilen Raumverkehr) ergänzen. Das Kampfmoment spielte von vorneherein insofern eine Rolle, als die Armada der Sternenflotte den Schutz der irdischen Kolonien und deren Handelsrouten gewährleisten sollte. Über diese defensive Ausrichtung hinaus blieben die ehrgeizigen Forschungspläne des neu gegründeten Oberkommandos in den ersten fünfzehn Jahren nahezu gänzlich ungenutzt, weil die Vulkanier Projekte für Tiefenraumerforschung und die Entwicklung eines entsprechend schnellen Warpantriebs frühzeitig unterbanden bzw. ausbremsten. Dabei machten sie nicht selten all ihren Einfluss als Schutz- und Konsolidierungsmacht auf der Erde, die sich immer noch vom Dritten Weltkrieg erholte, geltend.

 

 

Aufbruch ins Unbekannte

 

Erst im Jahr 2151 glückte ein entsprechend wagemutiger Vorstoß von irdischer Politik und Sternenflotten-Oberkommando, den von den Menschen im Alleingang fertig gestellten NX-Prototypen mit experimentellem Warp-fünf-Antrieb (2119-51) zu einem Jungfernflug starten zu lassen. Dieses Schiff, die Enterprise NX-01, führte seine erste Mission gleich zur klingonischen Heimatwelt Qo'noS und in Kontakt mit dem Temporalen Kalten Krieg (2151-54).

 

Nachdem die Tore ins All für die Vereinigte Erde nun aufgestoßen waren und die Vulkanier ein weitgehend eigenständiges Agieren der Sternenflotte im Weltraum nicht länger unterbinden konnten, beschloss der vulkanische Beirat, die Missionen der Enterprise künftig kritisch zu begleiten. Dabei begegnete die vulkanische Flotte dem Raumschiff unter dem Befehl von Captain Jonathan Archer teils mit großem Misstrauen. Ungeachtet dieser Differenzen setzte die Sternenflotte ihren Aufbruch zu den Sternen fort, war allerdings auch noch oft genug auf Ratschläge, Ausrüstung oder Sternenkarten der Vulkanier angewiesen.

 

 

Zaghafte Bündnispolitik und koloniale Versorgung

 

Während der ersten beiden Jahre des Enterprise-Flugs stand ein Austesten in gleich mehreren Bereichen im Vordergrund. In ganzer Breite wurden kartographische Vermessungsarbeiten und Erstkontakte in der stellaren Region um die Erde durchgeführt. Dabei kam es, bedingt durch die Auswirkungen des Temporalen Kalten Kriegs, bereits zu mehreren Aufeinandertreffen mit dem Klingonischen Reich. Weitere prominente Kontakte gab es mit den Andorianern, Tellariten, Suliban und Tholianern sowie etwa zwei Dutzend weiterer Spezies. Auf der anderen Seite wurde mithilfe des Warp-fünf-Antriebs versucht, die Bande zu entlegeneren Erdkolonien (die sich teilweise losgesagt hatten oder derartige Bestrebungen zeigten) zu festigen.

 

Partiell stellten Archer und seine Crew zaghafte Einzelverträge mit bestimmten Völkern her, nicht immer in bewusster Steuerung. Auch kam es zu ersten ethisch-moralischen Herausforderungen auf den besuchten Welten, was die Notwendigkeit eines künftigen Handlungsmaßstabs für Sternenflotten-Offiziere deutlich machte. Alles in allem zeichnete sich die Explorationsphase 2151-53 aber durch eine große Flexibilität aus, in deren Zuge es für die Vereinigte Erde im Allgemeinen und die Sternenflotte im Speziellen vor allem darauf ankam, Orientierung im erdnahen Stellarraum zu finden.

 

 

Vermittlung zwischen Andorianern und Vulkaniern

 

Eine Ausnahmeerscheinung in dieser Phase bildete zweifellos das frühe Engagement der Enterprise für die Streitschlichtung zwischen dem Andorianischen Imperium und Vulkan. Mithilfe persönlicher Kontakte ins andorianische Militär, insbesondere zum Imperialgardisten Shran, gelang es Archer schnell, einen Zugang auch zur andorianischen Politik zu bahnen.

 

Auf der anderen Seite machte sich seine persönliche Erfahrung mit dem vulkanischen Botschafter auf der Erde (Soval) bezahlt, womit sich die Vermittlung der Enterprise in mehreren Grenzkonflikten zwischen Andoria und Vulkan anbot. Bereits 2152 gelang es der Sternenflotte, einen vorläufigen Waffenstillstand zwischen beiden Mächten zu erwirken, was ihr erste Reputation in diplomatischen Angelegenheiten einspielte.

 

 

Konkurrenz zu privaten Unternehmen

 

Nicht unterschlagen werden darf neben den explorativen und diplomatischen Erfolgen der Sternenflotte in ihren praktischen Anfangsjahren, dass ihre zunehmende Präsenz im erdnahen Stellarraum und auf den Handelsstraßen massive ökonomische Umwälzungen bewirkte. Dies zunächst für erdeigene zivile Frachtergesellschaften, allem voran die dominanten Cargo Services. Die gute Ausstattung und die außer Konkurrenz befindliche Antriebstechnologie führte dazu, dass Wettbewerbsnachteile und in der Folge Gewinneinbrüche bei den nicht-militärischen Unternehmen entstanden. Später wurden sie verstärkt durch die zunehmende Handelsliberalisierung der Erde, da Märkte für andere Völker geöffnet wurden.

 

All das nahm die Sternenflotte in die Verantwortung, ihren Tätigkeitsbereich sukzessive auszudehnen und für die schwächelnden Frachtergesellschaften in die Bresche zu springen, damit keine wirtschaftlichen Verwerfungen entstanden, Kolonien und Außenposten weiter adäquat versorgt werden konnten. Andererseits zeichnete sich früh ab, dass auf ein umfangreiches Netzwerk ziviler Frachter auch in Zukunft nicht verzichtet werden konnte.

 

 

Erster Wandel vom Explorativen zum Militärischen

 

Eine Zäsur für die Entwicklung der Sternenflotte stellte schon im Jahr 2153 die Xindi-Krise dar. Die Unvorhersehbarkeit des Angriffs der Xindi-Testwaffe, welche sieben Millionen Menschen in wenigen Minuten tötete, nährte bei den Verantwortlichen die Einsicht, dass das militärische Profil der Sternenflotte deutlich zu schärfen war. Dies galt umso mehr für den Aufbruch der Enterprise in die entlegene Delphische Ausdehnung, der große Opfer von Archer und seiner Mannschaft abverlangte und sie mit dem Zwang moralisch fragwürdiger Handlungsweisen zum Zweck eines höheren Gutes konfrontierte.

 

An dieser Stelle nahm die Sternenflotte erstmals die Kooperation mit den MACOs auf, einer Eliteeinheit der Armee der Vereinigten Erde, welche fortan auf der Enterprise und später auch auf anderen Schiffen stationiert wurde. In waffentechnologischer Hinsicht wurde die Verbesserung von Hüllenschutz und insbesondere Torpedosystemen erwirkt sowie eine weitere Forschung in diese Richtung angestoßen.

 

 

Koalition der Planeten, Irdisch-Romulanischer Krieg und Föderationsgründung

 

In der ersten Hälfte des Jahres 2154 errang die Vereinigte Erde im Zuge der Zweiten vulkanischen Reformation ihre völlige Unabhängigkeit von Vulkan und konnte darüber hinaus ihren politischen Einfluss in der stellaren Region deutlich steigern. Verantwortlich dafür sind in erster Linie eine Reihe hochgradiger diplomatischer Einsätze der Enterprise, die Vulkan eine politphilosophische Neuausrichtung brachten und zudem einen andorianisch-vulkanischen Friedensabschluss ermöglichten.

 

Des Weiteren legten Archer und seine Crew auch die Grundlage für die Beilegung des Handelsstreits zwischen Andorianern und Tellariten. Den Kampf gegen einen romulanischen Marodeur, dessen Ziel im Auseinanderdividieren der lokalen Vormächte im erdnahen Raum bestand, verstand Archer zudem so zu nutzen, dass eine erste Flottenoperation von Sternenflotte, Andorianern, Vulkaniern und Tellariten möglich wurde. Dies war gleichzeitig der Auftakt für ein engeres politisches Bündnis der vier Mächte, welches ein Jahr später in der Gründung der Koalition der Planeten gipfelte.

 

Trotz anfänglicher Verwerfungen war es die vereinte Stärke dieser Allianz, die den 2156 ausgebrochenen Irdisch-Romulanischen Krieg anno 2160 erfolgreich beenden und dem romulanischen Aggressor Bedingungen zur Einrichtung einer Neutralen Zone diktieren konnte. In ihrer Rolle als Scharnier zwischen den anderen Koalitionswelten, addiert nun um Alpha Centauri, gelang es der politischen Führung der Vereinigten Erde 2161, die Koalition der Planeten in eine deutlich umfassendere Vereinigte Föderation der Planeten umzuwandeln - ihrerseits ein mit Kompetenztransfers versehenes supranationales Projekt von beispiellosem Erfolg, das die kommenden Jahrhunderte eine der treibenden Kräfte im Alpha- und Beta-Quadranten sein sollte.

 

 

Umbau der Sternenflotte

 

Mit der Gründung der Föderation erfuhr die klassische Sternenflotte eine grundlegende Transformation in eine multilaterale Militärorganisation für die ganze Allianz. Dass ausgerechnet die Raumflotte der Vereinigten Erde zur Blaupause wurde, zeigt nicht nur, dass die Grundstruktur der Sternenflotte mit ihren in alle Richtungen anschlussfähigen Schiffsdesigns besonders geeignet für ein derartiges Gemeinschaftsunterfangen war, sondern auch, dass hier die Menschheit mit gutem Beispiel voranging.

 

Denn während Vulkanier, Andorianer oder Tellariten im deutlich reduzierten Spektrum nach wie vor eigene Verteidigungsstreitkräfte behielten, transferierte die Erde mit der Sternenflotte ihre militärischen Grundstrukturen in ein neues Knotenpunktprojekt, an dem alle teilhatten. Trotzdem muss relativierend gesagt werden, dass die Menschen die mit Abstand größten Kapazitäten für die neue Sternenflotte bereitstellten. Nebenbei übernahm die Sternenflotte auch immer mehr und mehr die Tätigkeiten der UESPA (United Earth Space Probe Agency) sowie auch zahlreiche Erweiterungen und neue Stellen geschaffen wurden.

 

Im Hinblick auf das seit Jahren ungelöste Problem der Rivalität zwischen den Cargo Services und der Sternenflotte konnte zunächst ein Kompromiss erzielt werden: Die Zukunft privater Frachtgilden sollte gesichert werden. Zu diesem Zweck stellte ihnen die Sternenflotte moderne Technologie zur Verfügung. Nicht nur dadurch, sondern auch durch die neue politökonomische Realität der Föderation veränderte sich das Frachtgeschäft allerdings erheblich und erforderte auch vonseiten der Handelsunternehmen mitunter große Anpassungsleistungen. Rechtlich wurde eine Aufgabentrennung vereinbart: Der Sternenflotte würde die Kompetenz zufallen, Kolonien in erster Linie zu schützen und nur in Ergänzungs-, Not- oder Sonderfällen selbst mit ihrer Flotte einzugreifen. Langfristig war die Tendenz der Sternenflotte, die Cargo Services nach und nach in ihre Strukturen zu integrieren, jedoch nicht mehr aufzuhalten.

 

 

Erste Kolonisationsprojekte und verhältnismäßige Entspannung

 

Erste Kolonisationsprojekte der neuen Föderation ergaben sich im Laufe der 2160er Jahre. Dabei kamen Schiffe zum Einsatz, die von Multispezies-Ingenieurcorps entwickelt wurden. Das erste Schiff dieses neuen Typs war die U.S.S. Essex der Daedalus-Klasse. Sie brach 2163 auf, um die erste gemeinsame Siedlung aller vier Föderationsvölker zu begründen. Fortan wurde die Sternenflotte zu einem Synonym für Friedens- und Sicherheitspolitik sowie ökonomische und wissenschaftliche Entwicklungsperspektiven. Im letzten Drittel des 22. Jahrhunderts würde sie auch damit beschäftigt sein, die intergalaktische Piraterie zu bekämpfen und die Machenschaften des Orion-Syndikats sowie anderer krimineller Konsortien (z.B. Malurianer, Mazariten) zurückzudrängen.