Dawn of the Eagles

Autorinnen: S.D. Perry & Britta Dennisson
Erscheinungsjahr: 2008
Seitenzahl: 440
Band: Pre-DS9

Zeitraum: 2360-69

 

Inhalt

 

Rückblickend auf die bisherigen beiden Bände der Terok Nor-Reihe, erinnern wir uns: Band eins hat die Okkupation beschrieben, wie man sie sich vermutlich nicht vorgestellt hatte. Das Buch zeigte eine schleichende, heimliche Besatzung, ohne dass es jemand merkte. Und als das Weg der Cardassianer dann auffiel, war es zu spät, und die Besatzung wurde im ganzen erschreckenden Ausmaß Realität. Band zwei hat dann die militärische Festigung und Verstetigung der Okkupation gezeigt sowie, im Gegenzug, die Formierung des bajoranischen Widerstands.

 

Band 3 schildert nun die letzten, dramatischen Jahre der Okkupation. Das Zentralkommando saugt Bajor regelrecht leer. Die cardassianische Heimatwelt hat vor einigen Jahrhunderten floriert, aber durch ökonomisches Fehlverhalten und die Folgen einer Naturkatastrophe liegt die Wirtschaft Cardassias brach. Verstärkt durch die Konsequenzen der Dekolonisierungserscheinungen des zusehends darbenden cardassianischen Imperiums, sind die Cardassianer auf fremde Exporte und Rohstoffe angewiesen, um ihren Lebensstandard zu erhalten. Bajor bleibt daher bis zum Schluss ein gefundenes Fressen, von dem sich das Zentralkommando nur ungern trennen möchte.

 

In Dawn of the Eagles nimmt das cardassianische Militär ein planetares Sensorgitter in Betrieb, das die Bewegungsfreiheit der Widerstandszellen stark einschränkt. Doch auch von diesem Rückschlag lässt sich die entschlossene Rebellion nicht entmutigen. Ihr Glaube und ihre Leidenskraft führt sie durch jedes Tal. Über die nächsten zehn Jahre feiern sie einen Erfolg nach dem anderen. Auch Kira Nerys spielt dabei bei der einen oder anderen Mission eine entscheidende Rolle – unwissend, dass Gul Dukat seine schützende Hand über sie hält. Odo, inzwischen dank Moral Pol zu einem vollen Individuum geworden, fällt den Entschluss, die Forschungseinrichtung, in der er heranwuchs und sich bislang aufgehalten hat, endgültig zu verlassen. Mora ersucht ihn darum, dem bajoranischen Widerstand eine Botschaft zukommen zu lassen, wie sich das Sensorgitter umgehen lässt.

 

Odo kommt der Bitte seines Erziehers nach, und zieht danach von einem bajoranischen Dorf zum nächsten, wo er immer wieder als Schlichter auftritt. Schließlich verschlägt es ihn nach Terok Nor, wo Gul Dukat ihn als neuen Sicherheitschef anstellt (sehr zum Unglück von Quark, der in diesem Band sein Etablissement eröffnet und Natima Lang betrügt). Als solcher verhilft er nicht nur Kira Nerys nach einem missglückten Einsatz zur Flucht von der Station (siehe auch DS9-Episode Die Ermittlung), sondern hilft dem Widerstand letztendlich auch, das Sensorgitter auszuschalten. Als Dukat von diesem jüngsten erfolgreichen Angriff erfährt, tobt er, sieht sich in seinen ehrenvollen Absichten verletzt und beschließt, nun mit besonderer Härte gegen die Rebellen vorzugehen. Damit jedoch legt er den Grundstein für das Ende der cardassianischen Besatzung…

 

 

Kritik

 

Der zweite Band der Terok Nor-Reihe war leider recht enttäuschend, da er sich weitenteils in einem Zusammentragen von Serieninformationen ergoss und es darüber versäumte, eine eigenständige Geschichte zu erzählen. Umso gespannter war ich, wie das Finale der Trilogie ausfallen würde.

 

Dramaturgisch war es sicher gut, die Figuren Dukat, Odo und Kira hier verstärkt in den Vordergrund treten zu lassen. So fand ich es bereichernd und sinnvoll, die letzten Monate bzw. Jahre der Okkupation aus der Sicht von Gul Dukat zu erleben (der lange Zeit an seinem Selbstbild als ‚Übervater‘ der Bajoraner klammert, welcher seine ‚Kinder‘ beschützen möchte, doch schließlich erschüttert wird - ein Vorbote des Zusammenbruchs), oder auch die ersten Begegnungen zwischen Kira und Odo zu verfolgen. Generell fand ich die Momente mit diesen beiden Hauptfiguren aus der Serie am interessantesten. Gerade auch die Einblicke in Odos frühes Leben (obgleich dies ein ziemlicher Nebenplot zur eigentlichen Besatzungsgeschichte sein mag) haben mir sehr gut gefallen, vor allem seine ersten Erfahrungen außerhalb des Labors, wie er die ersten Bajoraner kennenlernt, sich einen Ruf als leidenschaftsloser, ordnungsliebender Streitschlichter erwirbt und schließlich auf der Station landet. Das Zusammentreffen mit Kira wird dabei auch für ihn als sich entwickelnde Lebensform bedeutend, was die Verbundenheit mit Kiras Charakter in der Serie besser erklärt. Bei Kira fand ich vor allem den Gedanken interessant, dass sie – trotz der Tatsache, dass sie den Widerstand aktiv unterstützt – unter dem persönlichen Schutz von Dukat steht. Nachdem er bereits Meru zu seiner Geliebten gemacht hat, hat er sich nun instinktiv Nerys erwählt.

 

Die Nebenfiguren kommen demgegenüber deutlich weniger gut weg. So bekommen wir ein paar Seiten über obskure Charaktere wie Li Nalas geboten, die überhaupt nicht in die größere Geschichte hineinpassen. Auch der Handlungsstrang rund um den Oralianischen Weg konnte hier nicht überzeugen, da er – anders als in Day of the Vipers – keine erkennbare Funktion mehr erfüllt. Im Vergleich zum Widerstandskampf gegen die Cardassianer beziehungsweise dem Geschehen auf Terok Nor strebte dieser und andere Nebenhandlungsstränge keinem vorläufigen Höhepunkt entgegen. Das lässt einen scharfen Qualitätsunterschied zwischen A- und B-Handlung im Buch aufkommen.

 

Die Darstellung der Cardassianer in dieser Spätphase der Besatzung war für mich teilweise over the top. Mehr denn je werden hier Referenzen zu Nazi-Deutschland hergestellt. Dr. Crell Moset (Josef Mengele lässt grüßen!) nimmt gewissenlos Untersuchungen und Experimente mit tödlichen Ausgang an noch lebenden Bajoranern vor. Offenbar hat er vor, sämtliche Bajoraner durch Injektionen zu sterilisieren. Er geht davon aus, dass nach der Ausbeutung Bajors dort ohnehin alle verhungern werden und glaubt, es sei die einzige moralisch richtige Lösung. Sorry, das ist einfach zu viel an platter Nazi-Analogie. Wie DS9 zeigt und im Übrigen auch jene Voyager-Episode, in der Moset in Form einer holographischen Nachbildung zu Wort kommt (Inhumane Praktiken), hat es diese Gräuel gegeben, aber sie werden hier sehr aufgeblasen. Während die Serie offen ließ, ob es sich mehr um das Werk einzelner Cardassianer handelte, die auf Bajor Untaten mit genozidalem Anstrich verübten, scheint es im vorliegenden Rom so, als ob diese Art von Vernichtungsfantasie durchorchestrierte Linie der cardassianischen Politik gewesen sei. Das erscheint mir vor dem Hintergrund der Vielschichtigkeit der Serie und Cardassianerdarstellung in DS9 ein wenig unterkomplex. Es ist zudem fraglich, ob Dukat tatsächlich von den Ergebnissen weiß, die im Hintergrund bei Moset laufen. Ich bezweifle, dass der Gul dies gutgeheißen hätte.

 

Das Ende der Besatzung Bajors hätte eine fesselnde Geschichte werden können. Dieses Buch leidet jedoch unter dem gleichen Problem wie das vorangegangene, ebenfalls aus der Feder von Perry und ihrer Co-Autorin stammende Night of the Wolves. Zwar fand ich, dass der Roman tendneziell packender und kontuierter wurde, je näher man den Ereignissen aus Der Abgesandte rückte. Perry und Dennisson konzentrieren sich jedoch deutlich zu sehr darauf, Fanservice zu leisten, indem mit einer Menge Verweisen jongliert und ordentlich ausstaffiert wird. Darüber wird aber versäumt, eine packende, kohärente Geschichte zu erzählen. So wie auch schon im letzten Roman zeigt sich, dass die Terok Nor-Reihe höchstens Versatzstücke der Besatzung erzählt und nicht den Anspruch verfolgt, eine überwölbende Gesamterzählung der fünf Jahrzehnte langen Knechtschaft Bajors zu leisten.

 

Wir bekommen entsprechend Episodenhaftes als Kost geboten – in diesem Fall eine Art Best-of des Widerstandskampfes gegen die cardassianische Unterdrückung –, aber nichts, was wirklich einen großen Bogen spannt. Rückblickend denke ich, dass die Terok-Nor-Reihe als Sammlung von Kurzgeschichten besser funktioniert hätte. Auf diese Weise hätte sich jede Geschichte auf einen bestimmten Charakter und das, was er/sie während der Besatzung getan und erlebt hat, konzentrieren können. Dies hätte auch mehr Fokus auf die Charaktere gegeben; so wie es ist, springt das Buch viel zu viel herum, um sich richtig auf einen der Charaktere einzulassen. Tatsächlich werden einige Figuren kurzerhand fallen gelassen, nachdem sie so viel Zeit mit ihnen verbracht haben – Dr. Mora ist ein Beispiel hierfür.

 

Ausgesprochen unglücklich konzipiert fand ich, dass das Buch so wenig Zeit mit Bajor nach der Besatzung verbringt. Dies sind gerade einmal fünfzehn Seiten, auf denen die Übergänge hin zur Situation in Der Abgesandte nur skizzenhaft erkennbar werden. Stattdessen hätte doch gerade interessiert, wie der folgenreiche Deal zwischen Bajor und der Föderation zustande kommt; dies hätte beinahe noch so etwas wie eine Geschichte in der Geschichte werden können.

 

By the way: Ganz besonders ärgerlich ist übrigens die Haltung der Föderation über die meiste Zeit der Besatzungsgeschichte. Sie schaut dem Treiben zu und interessiert sich offenbar kaum bis gar nicht für die Okkupation. Tausendsassa Elias Vaughn (ja, schon wieder so eine unnötige Referenz) taucht mit einem ersten Blick auf die Föderationshaltung ausgesprochen spät nach über 200 Seiten in dem Band auf. Es wäre doch schön gewesen, hier mehr zu zeigen, dass die Föderation aus dem Hintergrund heraus Druck ausgeübt hat (Stichwort: Soft Power). So hätte man konturiert darstellen können, dass geschickte Föderationsdiplomaten als Bedingung für einen Friedensvertrag zwischen Cardassia und Erde auf eine Freigabe Bajors drängen. Die Rolle, die die VFP insgesamt in der Trilogie spielt, ist jedoch für mich so gut wie durchweg enttäuschend. Kein Wunder, dass die Bajoraner den Einzug der Föderation zu Beginn von DS9 mit äußerstem Argwohn betrachten.

 

In Summe ist die Trilogie eher Hintergrundgeschichte als eigene Erzählung. Ich glaube nicht, dass die Leser wirklich jeden einzelnen Cardassianer oder Bajoraner, der in der Serie erwähnt wird, auf den Seiten dieser Bücher sehen mussten. Vielmehr hätte es gereicht, ein paar ausgewählte Schlüsselfiguren zu entwickeln und die Besatzung als Kulisse zu nutzen, um eine fesselnde Geschichte zu erzählen. Das wäre dann wirklich erfrischender geworden als eine reine Tie-in-Konfettiparade.

 

 

Fazit

 

Der Roman tut, was er zwangsläufig tun muss. Er verknüpft die Handlungen und Personen aus den ersten beiden Terok Nor-Romanen mit den bekannten Ereignissen aus der Serie DS9 über die Vorgänge rund um die Besatzung und führt zum logischen und bekannten Ende mit einer Vorschau auf das, was kommt.

 

Aber: Wo ist eine packende, mitreißende Geschichte? Leider zeigte sich ab Band zwei, dass diese vermeintliche Trilogie keine wirkliche Geschichte erzählt, sondern in erster Linie soliden Fanservice leistet und die Informationen aus der Serie ausschmückt. Kira, Odo und Dukat sind gut geschildert und alles wirkt authentisch, daher kann ich jedenfalls über die Darstellung der Kernfiguren nicht zu viel meckern. Trotzdem hätte diese Reihe so viel mehr sein können als ein reiner Vorwink auf die Serie.

 

6/10 Punkten.

9-2021