The Ashes of Tomorrow

Autor: James Swallow
Erscheinungsjahr: 2021
Seitenzahl: 360
Band: TNG 29, Titan 15, DS9 Post-Season-9/Post-Destiny 21

Zeitraum: 2387

 

Vorbemerkung

 

Spätestens mit dem Erscheinen von Star Trek: Picard im Jahr 2020 wird nun im TV die Geschichte des 24. Jahrhunderts ganz offiziell weiter gesponnen, was bislang den Serien-Relaunches zu TNG, DS9, VOY etc. vorbehalten war. Bedauerlicherweise geschieht die Forterzählung unter der Ägide von Alex Kurtzman & Co. im eklatanten Widerspruch zu den so weit gediehenen und teilweise sehr ambitionierten Serien-Relaunches.

 

Im Herbst 2021 ist mit der Trilogie Star Trek: Coda ein Abschluss der eigenständigen Kontinuität des Romanuniversums im 24. Jahrhundert erschienen. Sie stammt aus der Feder des Autorentrios Dayton Ward, James Swallow, David Mack, die selbst lange Jahre zahlreiche Star Trek-Romane zum eigenständigen Literaturkosmos beigesteuert haben. In Interviews haben die Autoren gesagt, dass es ihnen wichtig gewesen sei, eine Art von natürlichem und begründetem Schlusspunkt für mehr als zwei Dekaden Star Trek-Relaunch zu setzen und zugleich eine Überleitung in die Welt der neuen ST-Streaming-Serien zu schaffen. Wir haben es hier also mit dem definitiven Ende des autarken, abgenabelten Romanuniversums zu tun.

 

 

Inhalt

 

Die U.S.S. Robinson unter dem Kommando von Captain Benjamin Sisko wohnt einem neuerlichen Angriff der Devidianer bei, diesmal auf eine cardassianische Station. Dabei gerät sie selbst in akute Gefahr, und Sisko erfährt eine Vision von der Auslöschung der Galaxis, vermutlich durch seine Verbindung zu den Propheten, die scheinbar über Raum und Zeit hinweg existieren. Ganz ähnlich ergeht es Vedek Kira Nerys auf Bajor, die nicht nur merkwürdige Verhaltensweisen des Wurmlochs (optische Veränderungen, Strahlungsausstöße etc.) und einen Schneeeinbruch im Sommer wie dunkle Omen beobachtet, sondern ebenfalls in Folge einer Drehkörpererfahrung eine Vision hat, die jener von Sisko verblüffend ähnlich ist. Auch hier scheinen die Propheten vor einem bevorstehenden Untergang allen Lebens zu warnen und lassen sie wissen, es sei „keine Zeit“ mehr.

 

Indes begeben sich die Enterprise und die Aventine (nun unter dem Kommando von Sam Bowers) zur Erde, wo eine große Krisensitzung im Sternenflotten-Hauptquartier in Bezug auf die devidianische Invasion stattfindet. Angesichts der schrecklichen Erkenntnisse und Erlebnisse, denen die Besatzungen beider Schiffe widerfuhren (einschließlich einschneidender Verluste wie Ezri Dax, T'Ryssa Chen oder Dina Elfiki), liegt eine schwere Last auf Picards Schultern, befürchtet er doch, dass diese elementare Bedrohung zu groß sein könnte, um sie wirksam zu stoppen.

 

Zugleich ist auch die beschleunigte Alterung seines und Beverlys Sohn René in Folge eins Kontakts mit einer devidianischen Zeitwelle eine schwere seelische Hypothek für den Enterprise-Captain. Beverly möchte alles daran setzen, ihrem Sohn mit den Mitteln der zur Verfügung stehenden Medizin zu helfen. Anknüpfungspunkt ist die Kurzzeit-Chefärztin der Enterprise Katherine Pulaski, die während einer Mission in einen Vorfall verwickelt wurde, der bei ihr eine beschleunigte Alterung herbeiführte. Es ist jedoch ungewiss, ob jene Lösung, die Pulaksi und andere Personen dereinst vor dem Tod bewahrte, auch René helfen könnte.

 

Indes greifen die Devidianer auch die klingonische Klosterwelt Boreth an, wo die I.K.S. Gorkon unter Captain Klag sowie Kanzler Martok in eine letzte große Schlacht gegen das schier unaufhaltbare Ende ziehen. Die vermehrten und sukzessive zerstörerischeren Attacken der temporalen Naga-Schlangenkreaturen in verschiedensten Teilen der Quadranten sind ein deutliches Zeichen dafür, dass die Devidianer entschlossen sind, die Quantenrealität auszulöschen. Sie führen auch dazu, dass sich die alte Führungscrew von DS9 auf Bajor wieder zusammenfindet, bereit, das ihre beizutragen, um die Föderation und alles erdenklich andere vor dem Untergang zu bewahren.

 

Die Krisensitzung mit Sternenflotte und Präsidentin verläuft nicht so, wie Picard es sich gewünscht hätte. Während die Opfer um ihn herum prominenter und zahlenmäßiger werden, ahnt er, dass er es sich diesmal nicht leisten kann, Zeit zu verlieren, wenn er Zeit und Raum schlechthin retten möchte. Picard ist fest entschlossen, mit den Frauen und Männern seines Vertrauens eine Operation auf eigene Faust zu beginnen.

 

Später wird es sein alter Kamerad Data sein, der ihm aufzeigen wird, welche spezielle Anomalie die Devidianer als Eintrittspunkt nutzen: Es ist das Bajoranische Wurmloch, der Tempel der Propheten, der sich in einem nicht-linearen Existenzzustand befindet. Seit einer Weile treibt die verstörend verwandelte Anomalie im Denorios-Gürtel die Bewohner Bajors in Angst und Schrecken, und die düstersten bajoranischen Prophezeiungen vom Ende aller Tage scheinen sich zu bewahrheiten. Schließlich kommt es zum Kulminationspunkt: Unter der Bemächtigung der temporalen Invasoren mutiert der Himmlische Tempel endgültig zu einer Kreatur mit Vernichtungspotenzial, durch die Heerscharen von Nagas strömen.

 

Die Dinge scheinen klar: Um dem Universum zumindest eine vorübergehende Verschnaufpause zu erkaufen, in der final gegen die Devidianer vorgegangen werden kann, muss das Wurmloch ausgelöscht werden...

 

 

Kritik

 

The Ashes of Tomorrow kommt nicht ganz so schnell in Fahrt. Die devidianische Gefahr breitet sich weiter aus, kostet weitere namhafte Opfer, keine Frage. Inzwischen weiß man ja, dass hier unlängst das große Schlachten aller ST-Helden begonnen hat – Game of Thrones lässt herzlich grüßen. Doch abgesehen von den dramatischen Todesfällen: Wirklich substanziell Neues ergibt sich in der ersten Hälfte des Buches nicht; die Handlung tritt eher auf der Stelle. Wir haben es mit einer Art von sentimentalem Rückblick sowie (weiterem) Foreshadowing und Vorbereitung auf das Kommende zu tun.

 

Picard formiert auf der Erde nicht nur seine unbedingte Entschlossenheit, zum Stoppen der Devidianer bis zum Äußersten zu gehen, sondern auch ein erweitertes Team (man denke an das Hinzustoßen von Tom Paris und B’Elanna Torres sowie von Data). Zudem wird der Crossover-Kontext im zweiten Roman ausgedehnt: Die DS9-Truppe fügt sich unter dem Eindruck der Geschehnisse sowie unter den warnenden Signalen der Propheten auf Bajor wieder zusammen. Allerdings finde ich, dass der ganze Einbau von Sisko, Kira und Teilen der DS9-Schiene ein wenig bemüht daher kommt, um auch diese Recken noch für das Litverse-Finale an Bord zu haben. Ähnliches gilt für William Riker, der zu Beginn des Romans erneute Grenzerfahrungen hat, indem er plötzlich in einem traumähnlichen Zustand Zeuge verschiedener Realitäten wird – eine Erfahrung, die in ihm die instinktive Erkenntnis reifen lässt, mit was für einer Gefahr sie es hier zu tun haben. Die ihn aber auch auf merkwürdige Weise verwirrt und von sich selbst abbringt (hierzu mehr an späterer Stelle).

 

Picards und Wesleys Vorstellung im Hauptquartier, wo auch die Präsidentin zugeschaltet ist, hinterlässt einen mehr als nur zwiespältigen Eindruck. Nach allem, was der langjährige Flaggschiff-Captain für die Föderation getan hat, erscheint die notorische Skepsis bis Feindseligkeit, mit dem ihm einige aus der Admiralität gegenübertreten, schwer verständlich. Außerdem wurde diese Karte grimmiger und uneinsichtiger (B)Admirals, die eine Bedrohung nicht allzu ernst nehmen, Angst vor beherzten Schritten haben und/oder ihre eigenen machtpolitischen Interessen verfolgen, schon viel zu oft gespielt.

 

Weil die Präsidentin und die Sternenflotte die Verantwortung der großen Sache gegenüber scheuen, die Föderation bereits mit den Folgen von Krisen, Kriegen und Katastrophen schwer beschäftigt sehen und darüber hinaus keine Massenpanik auslösen möchten, wollen sie sich nur auf das unmittelbare Bekämpfen der Nagas konzentrieren und die Aufarbeitung der Bedrohung vorerst lieber einem Haufen Analysten überlassen.

 

Damit wird Picards und Wesleys Warnung vor der Konsumierung aller möglichen Zeitlinien durch die Devidianer mehr oder weniger links liegen gelassen. Picard gerät im Zuge dessen in eine recht unglaubwürdige und vor allem unwürdige Paria-Rolle (einmal mehr, muss man seit Beginn des TNG-Relaunches sagen!), der mit der Enterprise und der Aventine sogar formal außer Dienst gestellt wird, so niedrig scheint das Vertrauen in ihn zu sein. Wieso bei allen Sonnen?! Und damit kündigt sich an, dass er mit seiner Truppe Verschworener und Entschlossener alleine wird losziehen müssen, um das Universum ein letztes Mal zu retten. So weit, so vorhersehbar - und so absurd!

 

Besonders konstruiert, ja an den Haaren herbeigezogen wirkt der Konflikt mit Admiral Riker, was wohl gewisse Anknüpfungspunkte an Gestern, Heute, Morgen schaffen soll, wo in ferner Zukunft ein alter Picard und ein alter Riker nicht mehr sonderlich gut miteinander konnten. Es kommt aber in der vorliegenden Geschichte wie der Versuch daher, Füllmaterial für das zweite Buch zu finden (wozu für mich im Übrigen auch der kleinere Beverly-René-Plot zählt). Picard hat das Gefühl, dass Riker – der seit dem Ende der The Fall-Reihe Teil des Oberkommandos ist – ihn nicht ausreichend unterstützt. Tatsächlich ist er reserviert in Bezug auf Picards Bestreben, die devidianische Bedrohung aggressiv zu bekämpfen und damit notgedrungen tief ins Raum-Zeit-Gefüge einzugreifen.

 

Rikers Argumente wirken dennoch von Beginn an seltsam vorgeschoben und formalistisch; wie der Versuch, auf Teufel komm raus etwas zu finden, das er Picard entgegenhalten kann, um ein beherztes Vorgehen der Sternenflotte hinauszuzögern. Er droht und er hört Picard ab, auch wenn er dessen letztendlichen Alleingang nicht verhindern kann. Doch schnell deutet sich an, dass mit Riker etwas Grundlegendes nicht stimmen kann. Seine fast schon manische Verbissenheit, Picard mit allen Mitteln von seiner so dringlichen Mission abzuhalten, ist derart überspitzt dargestellt, dass man nicht darum herum kommt, Riker schon nach vergleichsweise kurzer Zeit unter einer Art fremdem Einfluss zu sehen (man könnte auch sagen 'Der fremdgesteuerte Riker, die Zweite', denn Takedown lässt grüßen!). Doch was genau mit ihm los ist, lädt zu wilden Spekulationen ein; es ist mehr als schwammig dargestellt. Offenbar hat er Anwandlungen, bei denen sein Geist zwischen den Wirklichkeiten wandelt, und er scheint nicht mehr er selbst zu sein, weil andere Geister seiner selbst aus von den Devidianern zerstörten Zeitlinien nach ihm greifen. Alles klar? Nein? Macht nichts. Es ist auf jeden Fall ein höchst zweifelhaftes Vergnügen, den irrlichternden, obsessiven Riker zu verfolgen und streckenweise eine reine Verschwendung von Seiten.

 

Weiter im Text. Das Intermezzo im Chateau Picard wirkte auf mich höchst befremdlich. Es kam wie eine Zwangspause daher und passt nicht recht zum restlichen Stil der Geschichte. Offenbar bestand hier der krampfige Versuch, unbedingt irgendwelche Anknüpfungspunkte zur 2020 gestarteten Picard-Serie zu stiften – und was könnte da besser passen, als das berühmte Weingut einzubauen. Aber mal ehrlich: Ein Captain Picard, der sein Spezialgericht kocht? Geordi, der Beverly auf der Schwelle des Chateaus Blumen überreicht? Paris, der im Schutze der Nacht auf einen Happen vorbeikommt und sich erst einmal von Picard drohen lassen muss, dass gleich die Gendarmerie kommt? Nein, das ist dann doch zu kitschig und passt auch nicht recht zum getriebenen und düsteren Ton der ganzen Coda-Reihe.

 

Immerhin findet das Buch in der zweiten Hälfte dann wieder halbwegs in die Spur. Wie nicht anders zu erwarten, setzen die Enterprise und die Aventine – unterstützt von Paris/Torres, Alexander Rozhenko und Data/Lal – entgegen der Befehle der Sternenflotte los (die Darstellung erinnert nicht von ungefähr an Kirk und Co. im dritten Kinofilm)...und sie erhalten schließlich den so nötigen Support bei Bajor/DS9. So ergibt sich das absurde Szenario, dass Picard, während er mit guten Argumenten und einer Menge Belegen für die Richtigkeit seines Tuns, versucht, das All zu retten, von der Sternenflotte und allem voran Riker gejagt wird. Ich kann dem nichts abgewinnen, und man fragt sich, wann Riker wieder zur Vernunft kommen wird. Vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht, wenn diese Version der Sternenflotte und Föderation – die seit Destiny zusehends von der Rolle zu sein scheint – temporal resetet wird.

 

Bei The Ashes of Tomorrow handelt es sich durch und durch um einen Übergangsroman, der auf der TNG-Seite einen künstlichen Konflikt hervorholt (Picard-Riker) und auf der DS9-Seite ein Opfer abspult (eilig verwoben mit bajoranischem Mystizismus und einigen Bye-bye-Szenen). Der Showdown im Kampf gegen die Nagas, das dramatische Ende von DS9-II, die Vernichtung des Wurmlochs und der Märtyrertod mancher 'Niner' ändern nichts an der flachen Spannungskurve. Wir wissen ja, dass diese Zeitlinie enden wird. Also geht es einfach nur noch darum, die nächsten Recken spektakulär zu verheizen. Vielleicht hat mich das buchstäblich sakrale Opfer im Bajor-System aber auch deshalb so wenig berührt, weil bei mir spätestens mit dem Ende der neunten Staffel sowieso der Faden zu den DS9-Charakteren abgerissen ist. Gerade Kiras und Siskos weiteren Werdegang konnte ich nie recht nachvollziehen, und ich hätte mir einen ganz anderen Kurs für ihre Personen gewünscht.

 

Charaktermäßig gab es für mich weniger Höhepunkte als im ersten Buch, was damit zu tun hat, dass der Roman viel mehr Figuren einbezieht, aber auch oberflächlicher bzw. sprunghafter mit ihnen umgeht. Im ersten Roman standen noch Picard, Beverly und Wesley sehr stark im Mittelpunkt; es gab eine Menge ruhiger und reflektierender Szenen insbesondere aus Picards Perspektive. Gerade dieser Picard wirkt in The Ashes of Tomorrow aber manchmal aus der Rolle gefallen, manchmal arg aufgesetzt. Das hat zum einen mit dem befremdlichen Storyverlauf zu tun, in deren Folge ihm die Sternenflotte jede Handlungsmöglichkeit zu nehmen versucht, allerdings fällt Picard auch immer wieder durch pathetisch-dramatische Parolen und Bekundungen auf, die eigentlich völlig überflüssig sind (man denke an verschiedene Ansprachen an seine Crew à la: "Es kann nicht oft genug betont werden: Wir kämpfen um unser Leben. Die Zukunft von allem, was wir kennen, hängt in der Schwebe.").

 

Data wieder hervorzuholen wirkt ähnlich erzwungen wie in Band zwei und drei der Cold Equations-Trilogie. Sie brauchen halt jemanden der „verdammt klug“ ist, also ruft Datas Rückkehr. Dass der Androide – wie LaForge nicht müde wird zu betonen – nicht mehr derselbe wie früher ist, spielt keine Rolle. Wie auch beim Versammeln der alten DS9-Garde geht es hier darum, die Reminiszenzen alter Tage zu bemühen. Nostalgie-Feeling im Angesicht der Apokalypse, ein letztes Wärmen am Feuer vergangener Tage, bevor der Vorhang fällt. Das ist der schlichte Mechanismus, den James Swallow bemüht.

 

Allerdings hat mich speziell an Datas Auftritt mehreres gestört. Zum einen wusste er aufgrund seiner privaten Studien bereits vor Picards Eintreffen bei ihm bestens Bescheid über die devidianische Bedrohung und die drohende Auslöschung der Quantenrealität. Ja, schönen Dank auch, dass er all diese Informationen so lange für sich behalten hat, offenbar weil er nicht an den Erfolg möglicher Gegenmaßnahmen zu glauben scheint. Zum anderen muss Data sich erst heftig bitten lassen, seinem alten Captain zu helfen, das Raum-Zeit-Gefüge zu bewahren. Letztlich scheint es mehr Lal zu sein, die ihn mitzieht. Mit was für einem Data haben wir es hier bitte zu tun? Auf jeden Fall scheint auch er ein Faible für postmoderne Drohnen zu haben (so wie in Picard, Season zwei, sein entfernter Vorfahre Adam Soong).

 

Schön war es, dass Garak und Bashir noch einmal eine ehrliche Szene bekamen, ehe letzterer sich zu Sisko auf den Weg machte, um zu erfahren, was es war, das Ezri um ihr Leben brachte. Man merkt, wie tief das Band zwischen beiden Männern geworden ist. Das hatte etwas Bittersüßes. Auch ist es ein netter Zug, dass sich Tom und B’Elanna Picards Bemühungen um eine Rettung des Raum-Zeit-Gefüges anschließen, wo der VOY-Relaunch schon kein Teil von Coda ist. Indes fehlt die höhere Begründung, wieso sich gerade Paris dazu genötigt sieht, Picard zu unterstützen und damit die Anordnungen des Oberkommandos (für das er nun ja arbeitet) in den Wind schlägt.

 

Die Einbeziehung des inzwischen salomonisch alten Spock hätte man sich wirklich schenken können. Absolut überflüssig! Selbiges gilt für Worfs Schattenvisionen, bei deren Bewältigung der betagte Vulkanier ihm zur Seite springt und wie ein quacksalbender Pseudo-Nekromant wirkt. Immerhin können wir uns darüber ein wenig erschließen, was mit Riker geschehen sein könnte, auch wenn das Ergebnis nach wie vor ein schier verrückt gewordener Admiral und Titan-Befehlshaber ist. In letzterem Zusammenhang erscheint mir Deannas Rolle viel zu schwach und zu passiv. Sie sieht beruflich wie privat hinlänglich Hinweise dafür, dass ihr Ehemann offensichtlich nicht er selbst ist, sie hat diverse Erfahrungen mit der Übernahme durch ein fremdes Bewusstsein gesammelt, und sie wird sogar von Picard kontaktet - und doch scheint sie sich zu weigern, sich einzugestehen, was da mit Will vor sich geht.

 

Das Ende von Coda-Teil zwei mündet in das Bestreben der gemischten TNG/DS9-Crews, das ganz große Whatever-it-takes-Rad zu drehen: die Rettung einer ganzen Quantenrealität…und unzähliger anderer mit, denn es gilt, die große Erntemaschine unschädlich zu machen, die die Devidianer gebaut und an einen jenseitigen Ort in ferner Zukunft versetzt haben, um ganze Zeitlinien zu ‚vertilgen‘. Und das ist leichter gesagt als getan. Picard ahnt bereits, dass er und seine Freunde sich werden opfern müssen, um ihr Ziel zu erreichen…

 

 

Fazit

 

The Ashes of Tomorrow profitiert davon, dass es der Mittelteil der Abschlusstrilogie für das Litverse ist, aber viel mehr Positives fällt mir kaum ein. Die Geschichte tritt in der ersten Hälfte gehörig auf der Stelle, und ihr teils absurder Verlauf drängt Picard und seine Verbündeten in eine merkwürdige Rebellenrolle, die in Anbetracht der urgewaltigen Bedrohung weder innovativ noch in irgendeiner Weise glaubwürdig ist. Im Buch fallen Szenen auf, die eher an die Picard-Serie erinnern oder zumindest Bezüge dorthin aufbauen sollen; ebenso will James Swallow Assoziationen mit der alternativen Zukunft in Gestern, Heute, Morgen wecken. Der Einbau von Data, Spock und Paris, aber auch und gerade von Sisko, Kira und Co. wirkt wie ein Crossover auf Biegen und Brechen, und der ganze Untergang des Wurmlochs ist bloß Intermezzo auf dem Weg zum Ende der Welt. Dann sind eben noch ein paar Helden von der Planke gesprungen; alles muss eingerissen werden, nichts darf stehen bleiben. Man nimmt es schulterzuckend zur Kenntnis.

 

Ich hoffe, dass wenigstens David Mack noch etwas Erinnerungswürdiges im dritten Teil zustande bekommt, sonst verbirgt sich hinter einer aufgebauschten Grundstory, schwerem temporalem Geschwafel und Effekthascherei mit einer Menge prominenter Opfer nicht allzu viel. Hätte man das Litverse nicht friedlicher, versöhnlicher und optimistischer enden lassen können?

 

5/10 Punkten.

11-2022